Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Lettland 2022

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

AMTLICHE BEZEICHNUNG

Republik Lettland

STAATSOBERHAUPT

Egils Levits

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF*IN

Arturs Krišjānis Kariņš

Stand:
 1/2023

Geflüchtete und Migrant*innen wurden an der Grenze zu Belarus nach wie vor Opfer gewaltsamer Pushbacks. Die Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen dauerte an. Mehr als 43.000 Flüchtlinge aus der Ukraine erhielten in Lettland vorübergehenden Schutz.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Der im August 2021 verhängte Notstand in der Grenzregion zu Belarus wurde 2022 immer wieder verlängert, wodurch Geflüchtete und Migrant*innen rechtswidrigen Pushbacks ausgesetzt waren und die Präsenz von NGOs in dieser Gegend verhindert wurde. Der Zugang zum Asylverfahren war in den Grenzregionen faktisch ausgesetzt, ab April 2022 konnten Flüchtlinge jedoch in der Hafteinrichtung von Daugavpils und an Grenzübergängen Asylanträge stellen. Lettland nahm im Laufe des Jahres 200 Personen aus humanitären Gründen auf und meldete mehr als 5.000 "vereitelte" Grenzübertritte, was in der Praxis bedeutete, dass die Menschen massenhaft nach Belarus zurückgeschoben wurden. Diejenigen, die man von der Grenze abtransportierte, kamen zumeist willkürlich in Haft, darunter auch Minderjährige.

Im Oktober 2022 veröffentlichte Amnesty International einen Bericht, der gewaltsame Pushbacks nach Belarus dokumentierte. Er belegte auch, dass Geflüchtete willkürlich an unbekannten Orten nahe der Grenze festgehalten wurden, was möglicherweise dem Verschwindenlassen gleichkam, und dass sie Misshandlungen und in einigen Fällen Folter ausgesetzt waren. Zudem wies der Bericht nach, dass die lettischen Behörden Zwang und Täuschung einsetzten, um Menschen dazu zu bringen, in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Für die Verstöße war insbesondere der lettische Grenzschutz verantwortlich, der dabei mit inoffiziellen "Einsatzkommandos" sowie Angehörigen der Armee und der Polizei zusammenarbeitete.

Im Dezember 2022 dokumentierten NGOs erneut Fälle von Menschen, die an der Grenze "verschwanden" oder zurückgeschoben wurden. Ein afghanischer Staatsangehöriger starb infolge der kalten Temperaturen an Unterkühlung.

Im Mai 2022 gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bekannt, dass eine Gruppe irakischer Staatsangehöriger wegen Pushbacks nach Belarus und Inhaftierungen Beschwerde gegen Lettland eingereicht hatte (H.M.M. und andere gegen Lettland).

Ukrainekrieg

Lettland gewährte 2022 mehr als 43.000 Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet waren, vorübergehenden Schutz. Ein im März verabschiedetes Gesetz regelte ihr Aufenthaltsrecht, ihren Zugang zum Arbeitsmarkt und eine Reihe von Maßnahmen zu ihrer Unterstützung.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Der Europäische Ausschuss für soziale Rechte berichtete 2022 über Defizite bezüglich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in Lettland. Verbesserungsbedarf sah der Ausschuss auch hinsichtlich der Rechte auf Gesundheit, soziale Sicherheit und soziale Unterstützung.

Diskriminierung

Die Empfehlungen der Vereinten Nationen zur Einführung einer umfassenden Antidiskriminierungsgesetzgebung wurden 2022 nicht umgesetzt. Der Europarat empfahl Maßnahmen, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle in Lettland zu bekämpfen.

Im Februar 2022 verabschiedete das Parlament ein Gesetz über Entschädigungszahlungen an die jüdische Gemeinde für Immobilien, die während der nationalsozialistischen und der sowjetischen Besatzung des Landes enteignet worden waren.

Die Zahl der Menschen, die den Status von "Nicht-Staatsangehörigen" hatten, ging zwar zurück, war jedoch immer noch hoch. Die Rechte der Betroffenen waren weiterhin eingeschränkt, z. B. in Bezug auf das Wahlrecht oder eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst.

Frauen

Die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) stand 2022 weiterhin aus.

LGBTI+

Obwohl das lettische Verfassungsgericht in der Vergangenheit mehrfach klargestellt hatte, dass das Parlament laut Verfassung verpflichtet ist, ein Gesetz über nichteheliche Lebensgemeinschaften zu erlassen, kam das Parlament dieser Verpflichtung nicht nach. Doch begannen die Verwaltungsgerichte 2022 damit, gleichgeschlechtliche Paare anzuerkennen, nachdem der Oberste Gerichtshof im Dezember 2021 entschieden hatte, dass die Verwaltungsgerichte bis zur Verabschiedung entsprechender Gesetze befugt seien, diese Art der Anerkennung und des Schutzes zu gewährleisten. Im Dezember 2022 stellte das Parlament die Ausarbeitung dieser Gesetze ein.

Veröffentlichung von Amnesty International

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