Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Kongo (Demokratische Republik) 2022

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

Die Situation im Land war weiterhin von schweren Menschenrechtsverletzungen geprägt. Dazu zählten massenhafte Tötungen im Zuge bewaffneter Konflikte und gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen, ein hartes Vorgehen gegen Andersdenkende und die Misshandlung von Inhaftierten. Die bewaffneten Konflikte führte im Osten des Landes sowie in anderen betroffenen Regionen zu Massenvertreibung der Bevölkerung und verschärfte die humanitäre Krise. Seitens der Behörden mangelte es weiterhin an politischem Willen, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich waren. Das Recht auf Bildung wurde verletzt.

Hintergrund

Anhaltende bewaffnete Konflikte kennzeichneten im Jahr 2022 die Lage in vielen Landesteilen, u. a. in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri, Tanganjika, Kasaï-Oriental, Kasaï-Central, Kasaï und Mai-Ndombe. Das Wiedererstarken der Rebellenbewegung M23 (Mouvement du 23 Mars) in der Provinz Nord-Kivu verschlimmerte nicht nur die Sicherheitslage und die humanitäre Krise im Osten des Landes, sondern verschärfte auch die militärischen und politischen Spannungen zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda, was wiederum eine neue Welle von Protesten gegen Ruanda und die Vereinten Nationen auslöste.

Im Zentrum und im Westen des Landes kam es erneut zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen. Im August 2022 brach in der Region Kwamouth (Provinz Mai-Ndombe) ein gewaltsamer Konflikt zwischen den Teke und den Yaka aus, dem ein ungelöster Streit um Land- und traditionelle Machtansprüche zugrunde lag. Im Zuge der Auseinandersetzungen wurden bis September mindestens 150 Menschen getötet und Hunderte weitere verletzt. Es gab Plünderungen, Hunderte Häuser wurden niedergebrannt, und mehr als 11.000 Menschen mussten fliehen. Die Gewalt griff auch auf die Nachbarprovinzen Kwilu und Kwango über.

Die Unsicherheit darüber, ob die Regierung in der Lage oder willens sein würde, bei den für 2023 geplanten Parlamentswahlen die Bestimmungen der Verfassung anzuwenden, verstärkte die politischen Spannungen. Gleichzeitig ging die Regierung mit immer drastischeren Maßnahmen gegen Andersdenkende vor. Die anhaltende Korruption und Verschwendung öffentlicher Mittel wurde kaum geahndet und verhinderte, dass Vorhaben von Staatspräsident Félix-Antoine Tshisekedi zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen der Bevölkerung umgesetzt wurden. Unter anderem hatte er zugesichert, dafür zu sorgen, dass alle Menschen Zugang zu grundlegender Schulbildung und Gesundheitsversorgung erhalten.

Menschenrechtsverstöße bewaffneter Gruppen

Trotz militärischer Interventionen der UN-Friedenstruppen sowie von Streitkräften der Mitgliedstaaten der Ostafrikanischen Gemeinschaft wie Uganda und Burundi nahmen die Angriffe auf die Zivilbevölkerung im Osten des Landes 2022 zu.

Nach UN-Angaben töteten bewaffnete Gruppen in den im Osten gelegenen Provinzen Ituri, Nord-Kivu und Süd-Kivu rechtswidrig mehr als 1.800 Zivilpersonen und verletzten Tausende weitere.

In der Provinz Ituri verstärkte der von der ethnischen Gruppe der Lendu dominierte Milizenverband CODECO (Coopérative pour le développement du Congo) seine wahllosen Angriffe auf die ethnischen Gruppen der Aluur und Hema. Einer der tödlichsten Angriffe galt dem Goldgräberdorf Kablangete. Dabei töteten CODECO-Mitglieder am 8. Mai 2022 nach Angaben der Beobachtungsstelle Kivu Security Tracker mindestens 52 unbewaffnete Personen, unter ihnen auch Kinder und ältere Menschen. Außerdem vergewaltigten sie mindestens sechs Frauen.

Laut einer vorläufigen UN-Untersuchung töteten M23-Kämpfer am 29. und 30. November 2022 in den Dörfern Kishishe und Bambo (Provinz Nord-Kivu) 131 Zivilpersonen und vergewaltigten mindestens 22 Frauen als Vergeltung für Zusammenstöße zwischen der M23 und rivalisierenden bewaffneten Gruppen.

Rechte von Binnenvertriebenen

Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) waren im Jahr 2022 ungefähr 600.000 Menschen gezwungen, aus ihren Heimatorten zu fliehen. Damit stieg die Zahl der Binnenvertriebenen landesweit von 5,5 Millionen im Jahr 2021 auf rund 6 Millionen an und lag damit höher als in jedem anderen afrikanischen Land.

Bewaffnete Gruppen setzten ihre gezielten Angriffe auf Binnenvertriebene im Osten des Landes fort. Dabei töteten sie Hunderte Menschen, verletzten zahllose weitere und vertrieben Zehntausende. Allein in der Provinz Nord-Kivu zwangen Kämpfe zwischen der kongolesischen Armee und der bewaffneten Gruppe M23 mehr als 200.000 Menschen zur Flucht.

Nach UN-Angaben wurden im Laufe des Jahres 2022 bei gezielten Angriffen auf Lager von Binnenvertriebenen im Osten des Landes mindestens 250 Menschen getötet, 180 allein in der Provinz Ituri. Bei einem Angriff auf das Binnenvertriebenenlager Plaine Savo in Ituri töteten CODECO-Mitglieder am 1. Februar mindestens 62 Zivilpersonen und verletzten zahlreiche weitere. In dem Lager lebten mehr als 24.000 Menschen, die 2019 vor der Gewalt im Bezirk Djugu geflohen waren. Im Juni 2022 griffen Bewaffnete ein Lager für Binnenvertriebene in Rujagati (Provinz Nord-Kivu) an und töteten sieben Zivilpersonen. In der Provinz Süd-Kivu wurden im Zeitraum Mai bis Oktober mindestens zehn Angehörige der ethnischen Gruppe der Banyamulenge bei Angriffen auf Binnenvertriebenenlager unweit der Städte Minembwe und Fizi getötet. Die kongolesischen Sicherheitskräfte und die Mission der Vereinten Nationen für die Stabilisierung in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO), deren vordringliche Aufgabe der Schutz der Zivilbevölkerung ist, unternahmen nichts, um diese Angriffe zu verhindern oder zu beenden, selbst in Fällen, in denen örtliche Warnsysteme sie im Vorfeld informiert hatten.

Rechtswidrige Tötungen

Lokale Menschenrechtsgruppen erhoben den Vorwurf, Angehörige von Armee und Polizei, die nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen ethnischen Gruppen im Westen des Landes aus der Hauptstadt Kinshasa gekommen waren, um die Kräfte vor Ort zu verstärken, hätten straflos schwere Menschenrechtsverletzungen verübt, wie etwa Hinrichtungen im Schnellverfahren, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und Plünderungen. Im Dezember 2022 sprach ein Militärtribunal der Garnison in Bandunu drei Armeeangehörige wegen mehrerer Verbrechen schuldig, u. a. wegen der Tötung von drei Zivilpersonen in den Städten Fadiaka und Bagat im November. Einer der Angeklagten wurde zum Tode verurteilt, die beiden anderen erhielten eine ein- bzw. neunjährige Haftstrafe. Ende des Jahres standen noch Verfahren gegen weitere 28 Soldaten wegen ähnlicher Verbrechen in derselben Region aus.

Eingeschränkter Zugang für Hilfsorganisationen

Nach Angaben der Weltbank hatten mehr als 64 Prozent der Bevölkerung pro Tag weniger als 2,15 US-Dollar zur Verfügung. Das Welternährungsprogramm teilte mit, dass es 27 Millionen Menschen an Nahrungsmitteln mangelte, davon waren 3,4 Millionen Kinder.

Die Bedingungen für humanitäre Hilfsleistungen wurden noch schwieriger. Zusätzlich zu schlechten Straßenverhältnissen und anderen technischen Problemen waren die Organisationen mit unablässigen Angriffen bewaffneter Gruppen und Militäroperationen konfrontiert. Dies galt insbesondere für die Provinzen im Osten des Landes, in denen die meisten Binnenvertriebenen lebten. In der Provinz Nord-Kivu stellte insbesondere in der Stadt Beni der zunehmende Einsatz von Sprengkörpern eine Gefahr für das Personal der Hilfsorganisationen und andere Zivilpersonen dar. Behindert wurde die humanitäre Hilfe außerdem durch mehrere Angriffe auf die Straße, die Beni und Kasindi verbindet und für den Handel zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Uganda von zentraler Bedeutung ist. Hinter den Angriffen standen mutmaßlich Kämpfer der ugandischen Allied Democratic Forces (ADF), die sowohl von der kongolesischen als auch von der ugandischen Regierung als terroristische Vereinigung betrachtet wird. Im Bezirk Rutshuru waren die von der bewaffneten Gruppe M23 kontrollierten Gebiete ab Mai 2022 fast vollständig von humanitärer Hilfe abgeschnitten, dies betraf auch die medizinische Grundversorgung. Zahlreiche Kontrollpunkte bewaffneter Gruppen sowie andere Maßnahmen, mit denen Regierungstruppen und bewaffnete Gruppen die Bewegungsfreiheit der Bevölkerung in den Provinzen Ituri, Süd-Kivu und Nord-Kivu bewusst einschränkten, verhinderten die Lieferung lebenswichtiger Güter wie Nahrungsmittel und Trinkwasser sowie die medizinische Versorgung.

Angriffe auf Beschäftigte humanitärer Hilfsorganisationen

Es gab erneut Angriffe auf kongolesische und ausländische Beschäftigte humanitärer Hilfsorganisationen, vor allem im Osten des Landes. Allein in der ersten Jahreshälfte wurden mindestens vier getötete, mehrere verwundete und zehn entführte Personen gemeldet, die für Hilfsorganisationen gearbeitet hatten. Am 7. Januar 2022 teilte die Hilfsorganisation Concern Worldwide mit, maskierte Bewaffnete hätten in der Stadt Kahumba (Bezirk Masisi) einen ihrer Konvois angegriffen und drei Mitarbeiter entführt. Sie wurden eine Woche später wieder freigelassen. Nach Angaben des UN-Amts für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wurden im Mai 2022 in derselben Gegend zwei weitere Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen entführt und nach acht Tagen wieder freigelassen.

In einigen Gebieten sahen sich mehrere humanitäre Hilfsorganisationen gezwungen, aufgrund der ständigen Angriffe ihre Aktivitäten vorübergehend einzustellen oder Bezirke dauerhaft zu verlassen. So stellten im März 2022 sieben humanitäre Hilfsorganisationen ihre Aktivitäten in der Gesundheitszone Kamango ein. Nach Angaben von OCHA bedeutete dies, dass schätzungsweise 300.000 Menschen im Norden von Nord-Kivu keine humanitäre Hilfe mehr bekamen.

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Die weit verbreitete Straflosigkeit für völkerrechtliche Verbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen, die seit den 1990er-Jahren in der Demokratischen Republik Kongo verübt worden waren, wurde nach wie vor nicht systematisch und angemessen bekämpft. Die Regierung unternahm zwar weitere Schritte in Richtung einer "Übergangsjustiz", doch legte sie den Schwerpunkt weiterhin auf Versöhnung und Wiedergutmachung statt auf Rechenschaftspflicht. Im März 2022 hielt die Regierung im ganzen Land öffentliche Konsultationen ab, um herauszufinden, wie eine Übergangsjustiz nach Meinung der Bevölkerung funktionieren sollte.

Unterstützt vom Gemeinsamen Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo richtete die Regierung im Oktober 2022 eine mit kongolesischen Expert*innen besetzte Kommission ein, die eine nationale Strategie für eine Übergangsjustiz entwickeln soll. Im Dezember trat ein Gesetz in Kraft, das die "Grundprinzipien für den Schutz und die Entschädigung von Opfern konfliktbedingter sexualisierter Gewalt sowie von Opfern von Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit" festlegt. Das Gesetz war von einer Kommission unter dem Vorsitz von Denise Nyakery Tshishekedi, der Ehefrau des Staatspräsidenten, ausgearbeitet worden.

Im Februar 2022 fällte der Internationale Gerichtshof ein lang erwartetes Urteil und entschied, Uganda habe während seiner bewaffneten Aktivitäten auf dem Gebiet der Demokratischen Republik Kongo von 1998 bis 2003 das humanitäre Völkerrecht verletzt und müsse dem Nachbarland deshalb insgesamt 325 Mio. US-Dollar (etwa 284 Mio. Euro) Entschädigung zahlen – in fünf Jahresraten von je 65 Mio. US-Dollar, beginnend ab dem 1. September 2022. Der zugesprochene Betrag umfasste 225 Mio. US-Dollar für Personenschäden, 40 Mio. US-Dollar für Sachschäden und 60 Mio. US-Dollar für Schäden durch Plünderung natürlicher Ressourcen. Im September 2022 bestätigte die Regierung der Demokratischen Republik Kongo, dass die erste Rate gemäß den gerichtlichen Vorgaben eingegangen sei, doch machte sie keine Angaben dazu, wie die Entschädigungszahlungen an die Bevölkerung verteilt werden sollen.

Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Die Behörden schränkten die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit 2022 noch drastischer ein. Dabei dienten die Coronapandemie und der verlängerte "Belagerungszustand" (eine Art Kriegsrecht) in den Provinzen Ituri und Nord-Kivu weiterhin als Vorwand, um öffentliche Versammlungen und Kundgebungen von Einzelpersonen und Gruppen, die als regierungskritisch galten, zu verbieten oder zu unterbinden. Der ungerechtfertigt verhängte "Belagerungszustand" galt seit Mai 2021 in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri. Er verlieh der Armee übermäßige Machtbefugnisse über die Zivilbevölkerung und schränkte deren Freiheiten stark ein.

Militärbehörden, die im Zuge des "Belagerungszustands" eingesetzt worden waren, nutzten – wie bereits im Vorjahr – ihre übermäßigen Befugnisse, um Kritiker*innen willkürlich festzunehmen und zu inhaftieren sowie Demonstrationen zu verbieten oder niederzuschlagen, ohne sich dafür strafrechtlich verantworten zu müssen. Während Demonstrationen, die den Behörden genehm waren, stattfinden konnten, wurden kritische Kundgebungen verboten oder gewaltsam unterbunden. Aktivist*innen der Zivilgesellschaft und der Opposition, die den "Belagerungszustand" oder die Regierung kritisiert oder ihre Menschenrechte auf andere Weise wahrgenommen hatten, wurden – häufig ohne Gerichtsverfahren – willkürlich festgenommen und inhaftiert. Im April 2022 verurteilte ein Militärgericht in der Stadt Beni zwölf Aktivisten der zivilgesellschaftlichen Bewegung Lutte pour le Changement wegen "Aufwiegelung der Öffentlichkeit zur Missachtung von Gesetzen" zu je zwei Jahren Haft. Die Aktivisten waren im November 2021 inhaftiert worden, weil sie mit einer friedlichen Sitzblockade vor dem Rathaus von Beni dagegen protestiert hatten, dass der "Belagerungszustand" verlängert worden war, ohne dass dessen Auswirkungen auf die Sicherheitslage gründlich überprüft worden waren. Nach der Aufhebung der Entscheidung des Militärgerichts durch das Berufungsgericht von Nord-Kivu wurden sie im August 2022 freigelassen.

Im gesamten Land war das Recht auf Versammlungsfreiheit nur in Ausnahmefällen gewährleistet. Die Behörden in Kinshasa sowie in den Städten Lubumbashi, Matadi, Kisangani, Kolwezi, Kananga, Tshikapa, Mbujimayi, Bukavu, Kalemie, Kindu, Lisala und Gbadolite verboten rechtswidrig und systematisch alle Demonstrationen, die als kritisch gegenüber Präsident Tshisekedi oder seiner Regierung bewertet wurden.

Im Juli 2022 reagierten UN-Soldaten und kongolesische Polizisten in den Städten Goma, Butembo, Beni und Uvira im Osten des Landes mit unverhältnismäßiger Härte auf gewaltsame Demonstrationen, die die anhaltende Präsenz der UN-Truppen im Land kritisierten und ihnen Versagen beim Schutz der Zivilbevölkerung vorwarfen. Nach Angaben der Regierung wurden mindestens 36 Menschen getötet, darunter 29 Demonstrierende und unbeteiligte Personen sowie sieben UN-Beschäftigte. Die Ergebnisse der von den kongolesischen und den UN-Behörden zugesicherten Untersuchungen zu den Vorfällen wurden nicht veröffentlicht, und es wurde niemand zur Rechenschaft gezogen.

In Kinshasa wurde am 21. September 2022 eine von der Nationalen Ärzt*innengewerkschaft SYNAMED organisierte friedliche Demonstration vom Gouverneur der Stadt rechtswidrig verboten und von der Polizei brutal niedergeschlagen. Mehrere Demonstrierende wurden festgenommen, weitere verletzt. Obwohl der Minister für Menschenrechte das gewaltsame Vorgehen anprangerte, wurden keine konkreten Schritte unternommen, um das willkürliche Verbot des Gouverneurs zu widerrufen, sowohl ihn als auch den Polizeichef von Kinshasa zur Rechenschaft zu ziehen und den Opfern Zugang zur Justiz und zu wirksamen Rechtsmitteln zu verschaffen.

Unmenschliche Haftbedingungen

Die starke Überbelegung der Gefängnisse, die Baufälligkeit der Gebäude, die hohe Zahl willkürlicher Festnahmen sowie lange Untersuchungshaftzeiten führten dazu, dass sich die Haftbedingungen landesweit dramatisch verschlechterten. Tausende Inhaftierte wurden 2022 unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten.

In den meisten Gefängnissen waren weit mehr Inhaftierte untergebracht als ursprünglich vorgesehen. In einigen, wie dem Gefängnis von Goma, betrug die Überbelegung bis zu 1.000 Prozent. Verschärft wurde die Situation noch durch die übermäßige Verhängung von Untersuchungshaft – rund 75 Prozent der Inhaftierten waren Untersuchungshäftlinge – und die Schwierigkeiten von Staatsanwaltschaften und Gerichten, die angestauten Fälle abzuarbeiten.

Überbelegung, Sicherheitsdefizite und Mängel bei der Versorgung der Inhaftierten mit grundlegenden Gütern und Versorgungsleistungen wie sauberem Wasser, Strom und Medikamenten führten u. a. dazu, dass Tausende Inhaftierte Hunger litten und körperlich oder psychisch krank wurden. Nach Angaben der Vereinten Nationen starben 2022 landesweit mindestens 120 Inhaftierte an Hunger oder Misshandlungen.

Im Laufe des Jahres kam es zu vier Massenausbrüchen aus Gefängnissen. Nach einem Angriff mutmaßlicher ADF-Kämpfer auf das Gefängnis in Butembo (Provinz Nord-Kivu) entflohen im August mehr als 800 Inhaftierte.

Recht auf Bildung

Das im Jahr 2019 gestartete staatliche Programm der kostenlosen Grundschulbildung wurde fortgesetzt. Nach Angaben der Regierung ermöglichte es Tausenden von Kindern aus einkommensschwachen Familien den Zugang zur Primarbildung. Immer mehr Eltern, Lehrer*innengewerkschaften und Schüler*innen wiesen jedoch auf schwerwiegende Mängel bei der Umsetzung des Programms hin. Sie kritisierten u. a. die ungleiche Mittelverteilung, die Bevorzugung städtischer gegenüber ländlichen Schulen, die unzureichende Ausstattung und Möblierung der Schulen, überfüllte Klassenzimmer sowie die zu niedrige und unregelmäßige Bezahlung der Lehrkräfte. Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) stellte fest, dass trotz einiger Fortschritte in den vergangenen Jahren immer noch mehr als 2 Millionen schulpflichtige Kinder nicht zur Schule gingen und die Qualität der Bildung weiterhin schlecht war.

In Gebieten, die von bewaffneten Konflikten und Gewalt zwischen ethnischen Gruppen betroffen waren, gab es weiterhin häufig Angriffe auf Schulen. Außerdem wurden viele Schulgebäude als Unterkünfte für Binnenvertriebene genutzt. Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen waren mehr als 420 Schulen und 180.000 Kinder und Jugendliche von Angriffen und Zweckentfremdung aufgrund des Konflikts im Osten und Westen des Landes betroffen.

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