Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Democratic Republic of the Congo

Berichtszeitraum: 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016

Amtliche Bezeichnung: Demokratische Republik Kongo
STAATSOBERHAUPT: Joseph Kabila
STAATS- UND REGIERUNGSCHEF_IN: Samy Badibanga Ntita (löste im Dezember 2016 Augustin Matata Ponyo Mapon im Amt ab)

Im Jahr 2016 kam es in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) zu politischen Unruhen und Protesten gegen die Verlängerung der Amtszeit von Präsident Joseph Kabila. Die Sicherheitskräfte gingen mit exzessiver Gewalt gegen Demonstrationen vor. Dabei wurden die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit verletzt. Im Osten der DR Kongo setzte sich der bewaffnete Konflikt fort: Bewaffnete Gruppen waren für summarische Hinrichtungen, Tötungen, Entführungen, sexualisierte Gewalt, Plünderung von Eigentum und zahlreiche weitere Menschenrechtsverstöße gegen Zivilpersonen verantwortlich, während Armeeangehörige außergerichtliche Hinrichtungen und andere Menschenrechtsverletzungen begingen. Weder die kongolesische Armee noch die UN-Friedensmission für die Stabilisierung in der DR Kongo (United Nations Organization Stabilization Mission in the Democratic Republic of the Congo bzw. Mission de l’Organisation des Nations unies pour la stabilisation en République démocratique du Congo – MONUSCO) waren in der Lage, der Zivilbevölkerung ausreichenden Schutz zu bieten.

HINTERGRUND

Politische Differenzen über die Frage, ob Präsident Kabila nach dem Ende seiner zweiten Amtsperiode am 19. Dezember 2016 weiterhin im Amt bleiben solle, führten zu zahlreichen Protesten. Im März 2016 erklärte die Unabhängige Nationale Wahlkommission, der von der Verfassung vorgegebene Zeitrahmen für die Präsidentschaftswahl lasse sich nicht einhalten. Im Mai entschied das Verfassungsgericht, der Präsident könne nach dem 19. Dezember bis zum Amtsantritt seines Nachfolgers im Amt bleiben. Im Oktober erlaubte das Gericht in einem weiteren Urteil eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl. Die Opposition und die Zivilgesellschaft stellten die Rechtmäßigkeit des zweiten Urteils in Frage, da es nur von fünf Richtern gefällt worden war, obwohl gesetzlich sieben Richter vorgeschrieben sind. Ein von der Afrikanischen Union unterstützter Dialog führte zu der Vereinbarung, die Wahlen bis April 2018 aufzuschieben, was jedoch von der Mehrheit der politischen Opposition, der Zivilgesellschaft und Jugendbewegungen abgelehnt wurde. Nach Vermittlungsbemühungen der katholischen Kirche wurde schließlich am 31. Dezember 2016 eine neue Vereinbarung von Vertretern der Regierungskoalition (Majorité Présidentielle), der Opposition und zivilgesellschaftlichen Organisationen unterzeichnet, wonach Präsident Kabila nicht für eine dritte Amtsperiode kandidieren wird und die Wahlen Ende 2017 abgehalten werden sollen.

Die politische Ungewissheit verstärkte die Spannungen im Osten der DR Kongo, wo weiterhin ein bewaffneter Konflikt herrschte. Zunehmende Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen angesichts der ungewissen Präsidentschaftswahl und unzureichende Gegenmaßnahmen der Regierungs- und Sicherheitsbehörden trugen dazu bei, dass sich die Gewalt fortsetzte und bewaffnete Gruppen Zulauf hatten.

Im Rahmen der gemeinsamen Offensive Sokola 2 (“Säuberungsaktion”) bekämpften die kongolesische Armee und MONUSCU weiterhin die Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR), eine im Osten der DR Kongo ansässige bewaffnete Gruppe ruandischer Hutu, die mit dem Völkermord in Ruanda 1994 in Verbindung gebracht werden. Die Offensive führte jedoch nicht zur Festnahme des FDLR-Oberbefehlshabers Sylvestre Mudacumura.

Nach dem Ausbruch von Kämpfen in der südsudanesischen Hauptstadt Juba im Juli 2016 kamen Hunderte südsudanesische Kämpfer der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee in Opposition (SPLA-IO) in die DR Kongo (siehe Länderbericht Südsudan).

Aufgrund einer anhaltenden wirtschaftlichen Krise verschärfte sich die weitverbreitete Armut 2016 noch weiter. Der Ausbruch von Cholera und Gelbfieber führte zu Hunderten von Toten.

RECHTE AUF VEREINIGUNGS- UND VERSAMMLUNGSFREIHEIT

Das Recht auf Versammlungsfreiheit wurde 2016 weiterhin verletzt, vor allem wenn es um Proteste gegen die Verlängerung der Amtszeit von Präsident Kabila ging. Die Behörden erklärten zahlreiche Protestveranstaltungen, die von der politischen Opposition organisiert wurden, für unerlaubt, obwohl die Organisatoren nach kongolesischem Recht und Völkerrecht lediglich verpflichtet sind, Kundgebungen bei den Behörden anzumelden, nicht jedoch, sie genehmigen zu lassen. Im Gegensatz dazu konnten die meisten der von der Regierungskoalition organisierten Veranstaltungen stattfinden, ohne dass die Behörden eingriffen.

In der Hauptstadt Kinshasa, in Lubumbashi und Matadi, in der Provinz Mai-Ndombe (ehemalige Provinz Bandundu) und in der Provinz Tanganyika verhängten die Behörden 2016 ein pauschales Verbot öffentlicher Proteste oder verlängerten bestehende Verbote.

Elf Aktivisten der Jugendbewegung Lutte pour le Changement (LUCHA) wurden im Laufe des Jahres 2016 verschiedener Straftaten für schuldig befunden, weil sie an friedlichen Protesten teilgenommen oder diese organisiert hatten. Mehr als 100 weitere LUCHA-Aktivisten und Mitglieder der Jugendbewegung Filimbi, die sich für demokratische Teilhabe einsetzt, wurden vor, während oder nach friedlichen Protesten festgenommen. LUCHA, Filimbi und andere Jugendbewegungen, die forderten, dass Präsident Kabila nach Ende seiner zweiten Amtszeit abtreten solle, wurden als “aufständisch” gebrandmarkt. Die Behörden betrachteten die Bewegungen als “illegal”, weil sie nicht offiziell registriert waren, obwohl weder das kongolesische Recht noch das Völkerrecht eine Registrierung zur Bedingung für die Gründung einer Vereinigung macht.

Die Behörden verboten auch private Zusammenkünfte, bei denen über die Präsidentschaftswahl und andere politisch brisante Themen diskutiert werden sollte. Zivilgesellschaftliche Gruppen und oppositionelle Parteien hatten Schwierigkeiten, Räumlichkeiten für Konferenzen, Treffen oder andere Veranstaltungen anzumieten. Am 14. März 2016 löste der Geheimdienst (Agence Nationale de Renseignements) ein Treffen des Vorsitzenden der Partei Mouvement Social pour le Renouveau (MSR), Pierre Lumbi, mit MSR-Mitgliedern in einem Hotel in Lubumbashi gewaltsam auf.

Der Minister für Justiz und Menschenrechte sowie weitere Regierungsvertreter drohten Menschenrechtsorganisationen mit Schließung und beriefen sich dabei auf eine rigide Auslegung gesetzlicher Bestimmungen zur Registrierung von NGOs.

EXZESSIVE GEWALTANWENDUNG

Die Sicherheitskräfte lösten 2016 friedliche Demonstrationen mehrfach mit unnötiger, exzessiver und manchmal tödlicher Gewalt auf. Dabei kamen auch Tränengas und scharfe Munition zum Einsatz.

Am 19. September 2016 töteten die Sicherheitskräfte zahlreiche Menschen, die an Protesten gegen eine Verlängerung der Amtszeit von Präsident Kabila teilgenommen hatten.

Am 19. und 20. Dezember 2016 kam es zu erneuten Protesten gegen Kabilas Weigerung, die Macht abzugeben. Dabei töteten die Sicherheitskräfte in Kinshasa, Lubumbashi, Boma und Matadi zahlreiche Menschen. Hunderte wurden vor, während und nach den Protesten willkürlich inhaftiert.

Bei Protesten gegen andere politische und soziale Missstände töteten die Sicherheitskräfte in Baraka, Beni, Ituri und Kolwezi ebenfalls Demonstrierende.

RECHT AUF FREIE MEINUNGSÄUßERUNG

Das Recht auf freie Meinungsäußerung war 2016 eingeschränkt und wurde vor dem Hintergrund der ungewissen Präsidentenwahl ständig verletzt. Besonders betroffen waren Politiker, die sich gegen eine Verlängerung der zweiten Amtszeit Präsident Kabilas aussprachen.

Im Februar 2016 nahm die Militärpolizei den Oppositionsführer Martin Fayulu für mehrere Stunden in Gewahrsam, als er um Unterstützung für einen Generalstreik warb, mit dem die Achtung der Verfassung eingefordert werden sollte. Im Mai hinderte ihn die Polizei in der Provinz Kwilu daran, drei politische Versammlungen abzuhalten.

Der ehemalige Gouverneur der Provinz Katanga und potenzielle Präsidentschaftskandidat Moïse Katumbi wurde von der Polizei daran gehindert, öffentliche Versammlungen abzuhalten, nachdem er aus der Partei von Präsident Kabila (Parti du Peuple pour la Reconstruction et la Démocratie) ausgetreten war. Im Mai 2016 nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen ihn auf wegen mutmaßlicher Rekrutierung von Söldnern, erlaubte ihm jedoch später, das Land zu verlassen, um sich medizinisch behandeln zu lassen. Im Juni 2016 verurteilte ein Gericht Moise Katumbi in Zusammenhang mit einem Immobilienstreit in Abwesenheit zu drei Jahren Haft. Damit kann er nicht mehr bei den Präsidentschaftswahlen antreten.

Am 20. Januar 2016 ordnete der Minister für Kommunikation und Medien die Schließung der Sender Radio Télévision Nyota und Télévision Mapendo an, die beide Moïse Katumbi gehören, weil sie angeblich Steuern nicht bezahlt hatten. Obwohl die staatliche Regulierungsbehörde für Medien (Conseil Supérieur de l‘Audiovisuel et de la Communication) erklärte, dass die Steuern bezahlt worden seien, und die Wiedereröffnung der Sender forderte, blieben beide geschlossen.

Zahlreiche Journalisten wurden willkürlich inhaftiert. Am 19. und 20. September 2016 wurden mindestens acht Journalisten in- und ausländischer Medien, die über Proteste berichteten, festgenommen und inhaftiert. Einige von ihnen wurden von Sicherheitskräften schikaniert, bestohlen und geschlagen.

Am 5. November 2016 blockierten die Behörden das Übertragungssignal von Radio France Internationale. Ende des Jahres war immer noch kein Sendebetrieb möglich. Ungefähr zur selben Zeit wurde die Übertragung des Radiosenders Radio Okapi, der von der UN unterstützt wird, fünf Tage lang unterbrochen. Am 12. November 2016 ordnete der Minister für Kommunikation und Medien an, dass Radiosender ohne eigene Sendeanlagen im Land keine lokalen Frequenzen mehr bekommen sollten. Laut Verordnung konnten sie ihren Betrieb ab Dezember nur noch über einen kongolesischen Partnersender und mit Genehmigung des Ministers fortsetzen.

MENSCHENRECHTSVERTEIDIGER

In den Provinzen Maniema, Nordkivu und Südkivu töteten tatsächliche oder mutmaßliche Angehörige der Sicherheitskräfte mindestens drei Menschenrechtsverteidiger. Ein Polizist wurde wegen der Tötung eines Menschenrechtsverteidigers in der Provinz Maniema schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt. Im Rechtsmittelverfahren wurde die Strafe auf 36 Monate herabgesetzt. Im September 2016 begann ein Verfahren wegen des in der Provinz Nordkivu getöteten Menschenrechtsverteidigers.

Vor allem Menschenrechtsverteidiger, die sich öffentlich gegen eine Verlängerung der Amtszeit von Präsident Kabila aussprachen oder politisch motivierte Menschenrechtsverletzungen dokumentierten, gerieten ins Visier der Behörden. Viele von ihnen wurden willkürlich festgenommen, schikaniert und zunehmend unter Druck gesetzt, ihre Aktivitäten einzustellen.

Im Februar 2016 erließ die Provinzregierung von Südkivu eine Verfügung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern und Journalisten. Die UN, die Nationale Menschenrechtskommission und mehrere Menschenrechtsorganisationen erarbeiteten auf nationaler Ebene einen Gesetzentwurf zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, der im Parlament jedoch bislang noch nicht diskutiert wurde.

KONFLIKT IM OSTEN DER DR KONGO

Im Zuge des anhaltenden bewaffneten Konflikts im Osten der DR Kongo kam es 2016 weiterhin zu zahlreichen Menschenrechtsverstößen. Die Abwesenheit staatlicher Autorität und mangelnder Schutz von Zivilpersonen führte zum Tod zahlreicher Menschen.

VERSTÖßE BEWAFFNETER GRUPPEN

Bewaffnete Gruppen waren für summarische Hinrichtungen, Entführungen, grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt, Plünderung von Eigentum und zahlreiche weitere Menschenrechtsverstöße gegen Zivilpersonen verantwortlich. Zu den bewaffneten Gruppen, die Verstöße gegen Zivilpersonen begingen, zählten u. a. die FDLR, die Force de Résistance Patriotique de l’Ituri (FRPI) und mehrere lokale Mai-Mai-Milizen. Auch die Lord’s Resistance Army war weiterhin aktiv und verübte vor allem im Grenzgebiet zum Südsudan und zur Zentralafrikanischen Republik Menschenrechtsverstöße.

Im Gebiet rund um Beni in der Provinz Nordkivu gab es 2016 mehrere Massaker an der Zivilbevölkerung. Dabei wurden Macheten, Hacken und Äxte eingesetzt. In Rwangoma, einem Stadtviertel von Beni, wurden in der Nacht des 13. August 46 Menschen getötet. Bei den Tätern soll es sich um Mitglieder der Allied Democratic Forces gehandelt haben, einer aus Uganda stammenden bewaffneten Gruppe, die im Osten der DR Kongo aktiv ist.

MENSCHENRECHTSVERLETZUNGEN DURCH SICHERHEITSKRÄFTE

Bei Operationen gegen bewaffnete Gruppen begingen Soldaten Menschenrechtsverletzungen. Sie richteten auch Zivilpersonen außergerichtlich hin, die gegen den mangelnden Schutz durch die Regierung protestiert hatten.

GEWALT GEGEN FRAUEN UND MÄDCHEN

In den von bewaffneten Konflikten betroffenen Gebieten wurden Hunderte Frauen und Mädchen Opfer sexualisierter Gewalt. Zu den Tätern zählten sowohl Soldaten und andere staatliche Akteure als auch Mitglieder der bewaffneten Gruppe FRPI, der Hutu-Miliz Mai-Mai Nyatura und der Miliz Raia Mutomboki, einem Zusammenschluss mehrerer bewaffneter Gruppen.

KINDERSOLDATEN

Bewaffnete Gruppen rekrutierten 2016 Hunderte Minderjährige, die als Kämpfer, Köche, Reinigungskräfte, Steuereintreiber und Träger eingesetzt wurden. Dies galt u. a. für die bewaffneten Gruppen FRPI, Mai-Mai Nyatura, FDLR und ihren offiziellen bewaffneten Arm Forces Combattantes Abacunguzi sowie die Union des Patriotes pour la Défense des Innocents.

GEWALT ZWISCHEN ETHNISCHEN GRUPPEN

In der Provinz Nordkivu eskalierten in den Regionen Lubero und Walikale Auseinandersetzungen zwischen den ethnischen Gruppen der Hutu und der Nande. Beide Seiten wurden von bewaffneten Gruppen unterstützt – die Hutu von den FDLR, die Nande von Mai-Mai-Milizen –, was zu zahlreichen Todesopfern und umfangreicher Zerstörung privaten Eigentums führte. Im Januar und Februar 2016 erreichten die Kämpfe ein alarmierendes Ausmaß. Am 7. Januar töteten die FDLR im Dorf Miriki im Süden der Region Lubero mindestens 14 Angehörige der Nande. Als die Dorfbewohner nach dem Angriff dagegen protestierten, dass ihnen kein Schutz gewährt worden war, schoss die Armee mit scharfer Munition und tötete mindestens einen Protestierenden. Einige Wochen später wurden bei Angriffen von Nande-Milizen mindestens 21 Hutu getötet, 40 weitere verletzt und zahlreiche Häuser niedergebrannt.

Am 27. November 2016 wurden beim Angriff einer Selbstverteidigungsmiliz der Nande auf ein von Hutu bewohntes Dorf mehr als 40 Personen getötet.

Im September 2016 flammten in der Provinz Tanganyika Auseinandersetzungen zwischen den ethnischen Gruppen der Batwa und der Luba wieder auf, bei denen zahlreiche Menschen getötet wurden und großer Sachschaden entstand. Die Zusammenstöße dauerten in der Folge an und gingen mit summarischen Hinrichtungen, Fällen sexualisierter Gewalt und Massenvertreibungen einher. Nach Angaben traditioneller Führer und zivilgesellschaftlicher Organisationen wurden bei den Kämpfen 150 Schulen in dem Gebiet niedergebrannt.

FLÜCHTLINGE UND BINNENVERTRIEBENE

Die Kämpfe zwischen der Armee und bewaffneten Gruppen führten zur Vertreibung zahlreicher Menschen. Im Februar 2016 waren in den Nachbarländern mehr als 500000 kongolesische Flüchtlinge registriert. Im Land selbst gab es am 1. August mehr als 9 Mio. Binnenvertriebene, die meisten von ihnen in den Provinzen Nord- und Südkivu.

Die Regierung schloss mehrere Lager für Binnenvertriebene, die in Zusammenarbeit mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) errichtet worden waren, nachdem Vorwürfe laut wurden, in den Lagern würden sich Mitglieder bewaffneter Gruppen – insbesondere der FDLR – verstecken. Die Schließungen betrafen Schätzungen zufolge mehr als 40000 Binnenvertriebene und führten zu weiterer Vertreibung und Unsicherheit. Humanitäre Organisationen übten scharfe Kritik an der Schließung. Bei der Auflösung der Lager wurden zahlreiche Binnenvertriebene Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch Soldaten.

FOLTER UND ANDERE MISSHANDLUNGEN

Sowohl staatliche Akteure als auch Mitglieder bewaffneter Gruppen waren 2016 für Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung verantwortlich. Angehörige des Geheimdienstes entführten Personen und hielten Inhaftierte über lange Zeiträume ohne Kontakt zur Außenwelt fest, was eine Verletzung ihres Rechts auf menschliche Behandlung darstellte und gegen das absolute Verbot von Folter und anderen Misshandlungen verstieß.

STRAFLOSIGKEIT

Diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen und Verstöße verantwortlich waren, wurden nur in den seltensten Fällen strafrechtlich verfolgt und verurteilt. Dies galt sowohl für Mitglieder bewaffneter Gruppen als auch für staatliche Akteure, insbesondere für hochrangige Vertreter der Behörden. Gründe dafür waren u. a., dass es der Justiz an Unabhängigkeit und finanziellen Ressourcen mangelte.

Am 11. Oktober 2016 ergab sich Gedeon Kyungu Mutanga zusammen mit mehr als 100 Mai-Mai-Kämpfern den Behörden der Provinz Ober-Katanga. Er war im Jahr 2011 aus dem Gefängnis ausgebrochen, nachdem er wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Rebellion und Terrorismus zum Tode verurteilt worden war.

HAFTBEDINGUNGEN

Die Haftbedingungen waren weiterhin katastrophal, weil die Gefängnisse überbelegt, baufällig und unterfinanziert waren. Bei der Mehrzahl der Inhaftierten handelte es sich um Untersuchungshäftlinge. Mangelernährung, Infektionskrankheiten und unzureichende medizinische Versorgung führten 2016 zum Tod von mindestens 100 Häftlingen. Schätzungen zufolge gelang etwa 1000 Gefangenen die Flucht aus den Haftanstalten.

RECHT AUF EINEN ANGEMESSENEN LEBENSSTANDARD

Extreme Armut war nach wie vor weit verbreitet. Nach Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) lebten etwa 63,6 % der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze und hatten keinen Zugang zu ausreichender Ernährung, sauberem Trinkwasser, Sanitärversorgung, angemessener Gesundheitsfürsorge und Bildung. Das WPF ging davon aus, dass mehr als 7 Mio. Menschen unter Ernährungsunsicherheit und fast die Hälfte aller Kinder unter fünf Jahren unter chronischer Unterernährung litten. Eine wirtschaftliche Krise führte dazu, dass der kongolesische Franc gegenüber dem US-Dollar drastisch an Wert verlor, was die Kaufkraft der Bevölkerung stark verminderte.

RECHT AUF BILDUNG

Obwohl die Verfassung eine kostenfreie Grundschulbildung garantiert, beruhte das Schulsystem weiterhin auf der etablierten Praxis von Schulgeldzahlungen (“frais de motivation”) zur Finanzierung der Lehrkräfte und des Schulbetriebs. Im staatlichen Budget waren Ausgaben für Bildung faktisch nicht vorgesehen. Jugendliche Aktivisten, die zu Beginn des Schuljahrs im September 2016 in Bukavu (Provinz Südkivu) friedlich gegen die Schulgebühren protestierten, wurden festgenommen und vorübergehend in Gewahrsam gehalten.

Der bewaffnete Konflikt wirkte sich sehr negativ auf die Bildungsmöglichkeiten aus. Zahlreiche Schulen wurden als Unterkünfte für Binnenvertriebene oder als Basislager der Armee oder bewaffneter Gruppen genutzt. Tausenden von Kindern war der Schulbesuch verwehrt, weil die Gebäude zerstört waren oder weil Schüler und Lehrer vertrieben wurden.

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