Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte

Amtliche Bezeichnung: Republik China
Staatsoberhaupt: Ma Ying-jeou
Regierungschef: Wu Den-yih
Todesstrafe: nicht abgeschafft

Zum ersten Mal seit fünf Jahren wurden 2010 wieder Menschen in Taiwan hingerichtet. Die Behörden lösten ihr Versprechen nicht ein, ein Gesetz abzuändern, welches das Recht auf Versammlungsfreiheit regelt. Ein das Justizwesen betreffender Korruptionsskandal löste Forderungen nach einer Justizreform aus. Die Rechte von Arbeitsmigranten wurden nach wie vor in vielfacher Weise verletzt.

Hintergrund

Die Regierung setzte ihre Überprüfung aller Gesetze, Bestimmungen und Verwaltungsmaßnahmen im Hinblick auf deren Übereinstimmung mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche Rechte sowie dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte fort. Politisch engagierte Bürger waren skeptisch, ob die Angleichung an die UN-Rechtsnormen wie vorgesehen bis Ende 2011 abgeschlossen sein könne.

Todesstrafe

Im April 2010 wurden vier Personen hingerichtet, dies war das erste Mal seit 2005, dass Todesurteile vollstreckt wurden. Das Verfassungsgericht des Landes wies am 28. Mai eine Beschwerde zurück, mit der ein Hinrichtungsstopp für 44 im Todestrakt einsitzende Häftlinge, darunter auch die vier im April Exekutierten, erwirkt werden sollte. Im Berichtsjahr ergingen vier weitere Todesurteile, so dass es in den Gefängnissen Taiwans zum Jahresende mehr als 70 zum Tode verurteilte Gefangene gab. Im Oktober empfahl ein im Justizministerium eingesetztes Expertengremium die Abschaffung der Todesstrafe.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Im September 2010 hob das Bezirksgericht von Taipeh die Strafverfolgung von zwei Wissenschaftlern und Wortführern von Menschenrechtsorganisationen auf. Lin Chia-fan und Lee Ming-tsung war zur Last gelegt worden, im Jahr 2008 Demonstrationen ohne Genehmigungen angeführt zu haben. Das Gericht ließ im Fall von Lee Ming-tsung die verfassungsrechtliche Prüfung von mehreren Artikeln des Gesetzes über Versammlungen und Aufmärsche in Bezug auf mögliche Verstöße gegen die Rechte der Bürger auf Versammlungsfreiheit und Redefreiheit zu. Im November kam es zu Studentenprotesten, weil die Regierung bislang keine Änderungen an diesem Gesetz, wie 2009 versprochen, vorgenommen hat. So sollte u.a. die Vorschrift abgeschafft werden, dass Demonstrationen vorab von der Polizei genehmigt werden müssen.

Justizwesen

Der Präsident des Justiz-Yuan trat im Juli 2010 nach einem Skandal großen Ausmaßes, in den hochrangige Richter verwickelt waren, zurück. Daraufhin wurden Forderungen nach einer Überprüfung der Richter laut. Der Entwurf eines Richtergesetzes, über den seit über 20 Jahren beraten wird, ist schließlich im Legislativ-Yuan prioritär behandelt worden.

Rechte von Migranten

Die Rechte von Arbeitsmigranten wurden in Taiwan in vielfacher Weise verletzt, darunter das Recht, den Arbeitsplatz zu wechseln und Gewerkschaften zu gründen. Harte und diskriminierende Arbeitsbedingungen sowie maßlos überhöhte Vermittlungsgebühren waren ein Grund dafür, dass ein Großteil der Arbeitsmigranten ihren ursprünglichen Arbeitgeber verließ und dadurch keine Papiere besaß. Hausbedienstete wurden nicht durch das Gesetz über Arbeitsstandards geschützt, weshalb vor allem sie unter sexueller Belästigung, unzureichend vergüteten Überstunden und schlechten Wohnbedingungen zu leiden hatten.

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