Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights

Amtliche Bezeichnung: Republik China
Staatsoberhaupt: Ma Ying-jeou
Regierungschef: Wu Den-yih
Todesstrafe: nicht abgeschafft

Ungeachtet der erklärten Absicht, die Todesstrafe auf lange Sicht ganz abzuschaffen, wurden in Taiwan 2011 mehr Todesurteile gefällt als in jedem Jahr des vergangenen Jahrzehnts. Die Beschränkungen der Versammlungsfreiheit wurden nicht aufgehoben, und es waren auch keine Fortschritte in Richtung einer Liberalisierung bestehender restriktiver Gesetze zu beobachten. Die Behörden unternahmen wenig, um das Recht auf Wohnen von Bauern landesweit zu schützen, was in einigen Fällen Zwangsräumungen zur Folge hatte.

Hintergrund

Taiwan hatte im Jahr 2009 den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ratifiziert. Obwohl ein Gesetz verabschiedet wurde, das die Regierung dazu verpflichtete, alle Gesetze, Bestimmungen, Verordnungen und Verwaltungsmaßnahmen bis zum 9. Dezember 2011 mit den beiden Pakten in Einklang zu bringen, waren die meisten Rechtsnormen, die gegen sie verstießen, zum Jahresende immer noch nicht novelliert bzw. abgeschafft worden.

Todesstrafe

Nur einen Monat, nachdem sich Präsident Ma für die Hinrichtung eines Unschuldigen im Jahr 1997 entschuldigt hatte, wurden am 4. März 2011 fünf Menschen hingerichtet. Im November saßen in den Gefängnissen 55 Häftlinge ein, deren Todesurteile bestätigt worden sind.

  • Am 28. Juli wies der Oberste Gerichtshof in letzter Instanz das Rechtsmittel von Chiou Ho-shun gegen sein Todesurteil zurück. Am 25. August lehnte der Generalstaatsanwalt das Gesuch ab, einen außerordentlichen Antrag auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens stellen zu dürfen. Chiou Ho-shun war 1989 wegen Raubes, Menschenraubes, Erpressung und Mordes zum Tode verurteilt worden. Da keine Beweise für seine Täterschaft vorlagen, gründete sich der Schuldspruch auf Geständnisse, die seinen Angaben sowie Aussagen seiner Mitangeklagten zufolge durch Folter erzwungen worden waren. Der Fall wanderte mehr als zwei Jahrzehnte zwischen dem Oberen Gericht und dem Obersten Gerichtshof hin und her.

Justizwesen

Der Legislativrat verabschiedete im Juni 2011 das Richtergesetz, mit dem für unfähig oder korrupt befundene Richter leichter abgesetzt werden können. Mit dieser Maßnahme soll für eine größere Unabhängigkeit und Transparenz der Justiz gesorgt werden.

Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit

Trotz anhaltender Forderungen aus der Öffentlichkeit gab es im Hinblick auf den Vorschlag der Regierung, das Gesetz über Versammlungen und Aufmärsche zu novellieren, keine Fortschritte. Das Gesetz erlaubt es der Polizei, friedliche Protestkundgebungen gewaltsam aufzulösen, und enthält eine Reihe weiterer Beschränkungen von gewaltfreien Demonstrationen.

Recht auf Wohnen

Landesweit war zu beobachten, dass Regierungsbeamte es Bauunternehmen gestatteten, Bauern ohne ein ordentliches Verfahren zur Räumung ihrer Wohnungen oder Häuser zu zwingen, und sie unterstützten sie in einigen Fällen sogar dabei. Auch wurde den Betroffenen mitunter keine alternative Unterkunft oder angemessene Entschädigung angeboten.

Rechte von Migranten

Arbeitsmigranten hatten keine Möglichkeit, sich einen neuen Arbeitgeber zu suchen. Solche, die als Hausbedienstete oder Pfleger beschäftigt waren, mussten häufig ohne angemessene Ruhezeiten arbeiten. Die Medien deckten Fälle des Missbrauchs und der Ausbeutung von Arbeitsmigranten durch Regierungsbeamte und Prominente auf.

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