Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - Iran

 

Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit waren 2014 weiterhin stark eingeschränkt. Frauenrechtlerinnen und Personen, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger und Regierungskritiker wurden willkürlich festgenommen, inhaftiert, strafrechtlich verfolgt und in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt. Folter und andere Misshandlungen an Gefangenen waren an der Tagesordnung und blieben straflos. Frauen sowie Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten wurden weiterhin durch die Gesetzgebung und im Alltag diskriminiert. Es gab Berichte über Prügel- und Amputationsstrafen, die in einigen Fällen öffentlich vollstreckt wurden. Die Zahl der Hinrichtungen war weiterhin sehr hoch. Unter den Hingerichteten befanden sich auch Straftäter, die zur Tatzeit noch minderjährig waren. Gerichte verurteilten nach wie vor Menschen zum Tod durch Steinigung; über die Vollstreckung dieser Urteile lagen allerdings keine Berichte vor.

Hintergrund

Die Wahl von Hassan Rohani zum Präsidenten im Juni 2013 weckte Hoffnungen, seine Regierung könnte die dringend notwendigen Menschenrechtsreformen einleiten, bis Ende 2014 waren aber kaum Veränderungen zu verzeichnen. Eine Initiative der Regierung, die staatliche Kontrolle der Hochschulen zu lockern und ihnen mehr Freiheit zu gewähren, stieß bei den konservativen Kräften im Parlament auf heftige Ablehnung.

Trotz anhaltender internationaler Spannungen aufgrund des iranischen Nuklearprogramms verhandelten der Iran, die USA und andere Regierungen weiterhin über das Atomprogramm und die Folgen der Finanz- und Handelssanktionen gegen den Iran. Ein im November 2013 vereinbartes Interimsabkommen sah Zugeständnisse des Iran bei der nuklearen Anreicherung von Uran und im Gegenzug eine Lockerung der internationalen Sanktionen vor.

Eine Bürgerrechtscharta, die Präsident Hassan Rohani vorgeschlagen und 2013 zur Diskussion gestellt hatte, kam 2014 nicht über das Entwurfsstadium hinaus. Zudem bot die Charta keinen angemessenen Menschenrechtsschutz, insbesondere in Bezug auf die Rechte auf Leben, Gleichbehandlung und den Schutz vor Folter.

Im März 2014 verlängerten die Vereinten Nationen das Mandat des UN-Sonderberichterstatters über die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran. Die iranischen Behörden ließen jedoch weiterhin weder ihn noch andere Experten des UN-Menschenrechtsrats ins Land.

Im Oktober befasste sich der UN-Menschenrechtsrat im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung mit der Menschenrechtssituation im Iran. Das Gremium beklagte die katastrophale Lage der Menschenrechte und stellte fest, dass die bei der Überprüfung 2010 vereinbarten Empfehlungen nicht umgesetzt worden waren. Der Iran nahm zu keiner der Empfehlungen Stellung und verwies auf die nächste Sitzung des UN-Menschenrechtsrats im März 2015.

Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Die Regierung beschnitt 2014 weiterhin die Meinungs- und Pressefreiheit. So wurden u.a. ausländische Satellitensender gestört und Medienkanäle geschlossen. Für Frauen galten weiterhin obligatorische Bekleidungsvorschriften, Verstöße dagegen konnten nach dem Islamischen Strafgesetzbuch strafrechtlich verfolgt werden. Die Oppositionsführer Mehdi Karroubi und Mir Hossein Mussawi sowie dessen Frau Zahra Rahnavard standen weiterhin ohne Anklage oder Gerichtsverfahren unter Hausarrest, obwohl sich ihr Gesundheitszustand verschlechterte. Zahlreiche gewaltlose politische Gefangene verbüßten Gefängnisstrafen, weil sie friedlich ihre Menschenrechte wahrgenommen hatten. Unter ihnen befanden sich Regierungskritiker, Journalisten, Rechtsanwälte, Gewerkschaftler, studentische Aktivisten sowie Personen, die sich für Minderheiten- oder Frauenrechte engagiert hatten.

Die Behörden nahmen erneut Journalisten ins Visier. Wer regierungskritische Berichte veröffentlichte, musste mit Festnahme, Inhaftierung, Gefängnis- oder Prügelstrafen rechnen. Im August wurden zwei Fotografen zu Prügelstrafen verurteilt, weil sie schriftlich einen Fotoband kritisiert hatten, den ein Regierungsbeamter in der Stadt Qazvin im Nordwesten des Iran herausgegeben hatte.

Internetaktivisten wurden ebenfalls verfolgt. Im Mai 2014 verurteilte ein Revolutionsgericht in Teheran acht Personen wegen "Beleidigung religiöser Heiligtümer" und "Beleidigung der Behörden" zu Freiheitsstrafen zwischen sieben und 20 Jahren. Die Angeklagten hatten Kommentare auf Facebook veröffentlicht.

Obwohl Revolutionsführer Ayatollah Sayed Ali Khamenei, Präsident Hassan Rohani sowie weitere Angehörige der Staatsführung soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und Instagram zur Kommunikation nutzten, zensierten die Behörden diese Internetseiten nach wie vor. Im September wies ein hoher Justizbeamter den Minister für Kommunikation und Informationstechnologie an, innerhalb eines Monats Maßnahmen zu ergreifen, um soziale Netzwerke zu blockieren und ihren Inhalt "wirksam zu kontrollieren". Zuvor waren im Internet Witze aufgetaucht, die nach Ansicht der Behörden den ehemaligen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini beleidigten. Offiziellen Angaben zufolge wurden in diesem Zusammenhang elf Personen festgenommen.

Im Oktober nahmen die Behörden in den Städten Teheran und Isfahan Protestierende fest, die nach einer Reihe von Säureattentaten auf Frauen in Isfahan ein Ende der Gewalt gegen Frauen gefordert hatten. Eine Gefangene befand sich Ende des Jahres noch in Gewahrsam. Mindestens vier Journalisten wurden inhaftiert, weil sie über die Säureattentate berichtet hatten.

Folter und andere Misshandlungen

Folter und andere Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte waren nach wie vor weit verbreitet, vor allem während der Untersuchungshaft. Begünstigt wurde dies dadurch, dass die Täter keine Strafe befürchten mussten und die Inhaftierten keinen Kontakt zu einem Rechtsbeistand aufnehmen durften. Zu den am häufigsten geschilderten Foltermethoden zählten lang andauernde Einzelhaft, das Einsperren in winzige Verschläge, heftige Prügel und die Androhung, den Familienangehörigen des Inhaftierten werde etwas angetan. Die Behörden gingen Foltervorwürfen nicht nach und zogen die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft.

Untersuchungshäftlingen und Gefangenen wurden angemessene medizinische Behandlungen systematisch verweigert. Dies galt auch in Fällen, in denen Verletzungen und gesundheitliche Probleme von Folter oder harten Haftbedingungen herrührten.

Im April 2014 wurde eine Reform der Strafprozessordnung verabschiedet. Die Mängel der iranischen Gesetzgebung, die Häftlinge nicht wirksam gegen Folter und Misshandlung schützt, wurden dabei jedoch nicht beseitigt. Nach der neuen Strafprozessordnung kann Inhaftierten bei Straftaten, die die nationale Sicherheit betreffen, sowie in einigen anderen Fällen eine Woche lang der Zugang zu Rechtsbeiständen verweigert werden. Die neue Strafprozessordnung enthält außerdem keine klare und umfassende Folterdefinition, die mit dem Völkerrecht in Einklang steht.

Staatsschutzeinrichtungen und Geheimdienste unterhielten eigene Haftzentren, die trotz anderslautender Gesetze nicht der staatlichen Gefängnisbehörde unterstanden. In diesen Haftzentren waren Folter und andere Misshandlungen an der Tagesordnung. In einigen Fällen "verschwanden" Todeskandidaten vor ihrer Hinrichtung, indem man sie in diese Einrichtungen verlegte.

Für zahlreiche Zuwiderhandlungen, wie z.B. Alkoholkonsum und Essen in der Öffentlichkeit während des Fastenmonats Ramadan, oder für Diebstahl, wurden weiterhin Prügel- und Amputationsstrafen verhängt. Die Urteile wurden zunehmend öffentlich vollstreckt.

Im April 2014 wurden zahlreiche Gefangene der Abteilung 350 des Teheraner Evin-Gefängnisses bei einer Durchsuchung ihrer Zellen von Sicherheitskräften angegriffen, geschlagen und verletzt. Dem Vernehmen nach gingen die Behörden dem Vorfall nicht nach, und die Täter wurden nicht bestraft. Im August sollen die Behörden in der Stadt Karaj mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Inhaftierte des Ghezel-Hesar-Gefängnisses vorgegangen sein, die dagegen protestiert hatten, dass 14 Todeskandidaten vor ihrer Hinrichtung in Einzelzellen verlegt worden waren.

Unfaire Gerichtsverfahren

Dem Justizwesen mangelte es weiterhin an Unabhängigkeit, weil die Sicherheitsbehörden in Verfahren eingriffen. Die Gerichtsprozesse waren zumeist unfair, vor allem diejenigen vor den Revolutionsgerichten.

Die neue Strafprozessordnung verbesserte zwar den Zugang von Häftlingen zu einem Rechtsbeistand; sie garantierte allerdings nicht den Kontakt zu einem Rechtsanwalt unmittelbar nach der Festnahme. Dies wäre aber notwendig, um Häftlinge vor Folter zu schützen. Außerdem konnte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeiständen die Einsicht in die Fallakten ihrer Mandanten teilweise oder gänzlich verweigern, wenn sie der Ansicht war, dass eine Akteneinsicht "die Wahrheitsfindung" behindern würde, sowie in Fällen, die die innere oder äußere Sicherheit betreffen. Damit wurde das Recht der Rechtsanwälte auf eine angemessene Vorbereitung der Verteidigung behindert. Im August 2014 brachte die Justiz- und Gesetzeskommission des Parlaments einen Gesetzentwurf ein, um das geplante Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung im Oktober zu verschieben. Begründet wurde dies mit "ernsthaften Problemen und Hindernissen bei der Umsetzung". Die Gesetzesvorlage zielte außerdem darauf ab, geplante Reformschritte wieder rückgängig zu machen, indem Änderungen zu 19 Artikeln vorgeschlagen wurden, in denen es zumeist um einen besseren Zugang zu Rechtsbeiständen ging.

Gerichte verurteilten Angeklagte weiterhin in Abwesenheit eines Rechtsbeistandes und aufgrund von "Geständnissen" oder anderen Informationen, die durch Folter und Misshandlung erpresst worden waren. In einigen Fällen wurden auf Anordnung der Behörden bereits vor der Gerichtsverhandlung "Geständnisse" der Angeklagten im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt und damit gegen die Unschuldsvermutung verstoßen.

Im September 2014 verabschiedete das Kabinett ein Gesetz über die Anwaltschaft, das von den Justizbehörden entworfen worden war, und legte es dem Parlament zur Zustimmung vor. Der Gesetzentwurf diskriminiert Nichtmuslime, weil er sie vom Vorstand der iranischen Rechtsanwaltskammer ausschließt. Auch die Unabhängigkeit der Kammer ist durch den Entwurf gefährdet.

Diskriminierung von ethnischen und religiösen Minderheiten

Präsident Rohani ernannte einen Sonderberater für ethnische und religiöse Minderheiten. Dies änderte jedoch nichts an der weitverbreiteten Diskriminierung von Aserbaidschanern, Belutschen, Kurden, Turkmenen, Angehörigen der arabischen Ahwazi-Gemeinschaft und anderen ethnischen Minderheiten. Auch sunnitische Muslime, Sufis, Anhänger der Baha'i-Glaubensgemeinschaft, Personen, die vom Islam zum Christentum konvertiert waren, die Gemeinschaft der Ahl-e Haqq und andere religiöse Minderheiten litten weiterhin unter Diskriminierung.

Angehörige ethnischer Minderheiten wurden beim Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Wohnraum, Wasser- und Sanitärversorgung, Arbeitsmarkt und Bildungswesen benachteiligt. Die Muttersprachen der ethnischen Minderheiten waren im Unterricht nicht zugelassen, und es gab keine angemessenen Möglichkeiten, sie zu lernen.

Außerdem drohte Angehörigen ethnischer Minderheiten besonders häufig strafrechtliche Verfolgung aufgrund vage formulierter Anklagepunkte wie "Feindschaft zu Gott" oder "Verdorbenheit auf Erden", die mit der Todesstrafe geahndet werden können. Mindestens acht Angehörige der Ahwazi-Gemeinschaft wurden im Geheimen hingerichtet, nachdem man sie in äußerst unfairen Gerichtsverfahren u.a. wegen "Feindschaft zu Gott" zum Tode verurteilt hatte. Ihre Familien forderten vergebens die Herausgabe ihrer Leichen. Im Oktober 2014 befanden sich mindestens 33 sunnitische Männer - überwiegend Kurden - im Todestrakt. Die Anklagepunkte gegen sie lauteten auf "Versammlung und unerlaubtes Zusammenwirken gegen die Staatssicherheit" und "Verbreitung von Propaganda gegen das System", "Mitgliedschaft in salafistischen Gruppen", "Feindschaft zu Gott" und "Verdorbenheit auf Erden". Zunehmend wurden auch Personen strafrechtlich verfolgt, die vom schiitischen zum sunnitischen Islam konvertiert waren.

Im Dezember drohten die Behörden 24 inhaftierten Kurden mit ihrer unmittelbaren Hinrichtung oder anderen Strafmaßnahmen. Die Gefangenen waren aus Protest gegen die Haftbedingungen im Trakt 12 des Zentralgefängnisses von Oroumieh in der Provinz West-Aserbaidschan, in dem sie und andere politische Gefangene inhaftiert waren, in einen Hungerstreik getreten.

Die Verfolgung der Baha'i nahm weiter zu. Die Behörden schlossen Geschäfte von Anhängern dieser Glaubensgemeinschaft und zerstörten Friedhöfe. Zahlreiche Baha'i waren wegen ihrer religiösen Überzeugung weiterhin inhaftiert.

Im September 2014 nahmen die Behörden mehr als 800 Gonabadi-Derwische fest, die bei einer friedlichen Protestaktion in Teheran ihre Solidarität mit neun inhaftierten Derwischen zum Ausdruck gebracht hatten, die in einen Hungerstreik getreten waren. Die Hungerstreikenden hatten die Behörden aufgefordert, die Bürgerrechte von Gonabadi-Derwischen zu respektieren und sie als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft zu behandeln.

Atheisten, oppositionelle schiitische Geistliche sowie andere Personen, deren Haltung von der offiziellen Interpretation des schiitischen Islam abwich, liefen Gefahr, strafrechtlich verfolgt, inhaftiert oder hingerichtet zu werden.

Diskriminierung von Frauen

Frauen wurden weiterhin systematisch diskriminiert - sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben. Das iranische Recht räumte Frauen bei Eheschließung, Scheidung, Sorgerechts- und Erbschaftsangelegenheiten nach wie vor nur einen untergeordneten Status gegenüber Männern ein.

Das Parlament beriet 2014 zwei bevölkerungspolitische Gesetzentwürfe, die im Falle einer Verabschiedung die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen betreffen würden, da dadurch der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen eingeschränkt wäre. Außerdem hätten sie Auswirkungen auf das Recht einer Frau auf Leben, auf Privatsphäre, auf Gleichberechtigung und auf ihre Freiheit, zu entscheiden, ob sie Kinder bekommen möchte, wann und wie viele. Der erste Gesetzentwurf richtete sich gegen chirurgische Eingriffe, die eine Schwangerschaft dauerhaft verhindern, und sah Disziplinarmaßnahmen gegen Ärzte vor, die solche Operationen vornehmen. Der zweite Gesetzentwurf zielte darauf ab, die Scheidungszahlen zu senken und familiäre Konflikte nicht mehr vor Gericht zu verhandeln. Auf diese Weise soll dem Erhalt der Familie Vorrang vor der Aufarbeitung familiärer Gewalt eingeräumt werden. Ende 2014 war noch keines der beiden Gesetze in Kraft getreten. Ein Gesetzentwurf zum Schutz von Frauen vor Gewalt wurde nicht weiterverfolgt. Die Behörden unternahmen nichts, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen, wie z.B. Zwangsverheiratungen von Mädchen und Frauen, Vergewaltigung in der Ehe und familiäre Gewalt, zu bekämpfen.

Frauen waren auch auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt. Nach offiziellen Statistiken vom September 2014 sank die Anzahl der weiblichen Beschäftigten in den vergangenen acht Jahren jedes Jahr um 100000. Im August sagte der Direktor der für öffentliche Gebäude zuständigen Polizeibehörde, Frauen sollten nicht in Cafés oder traditionellen iranischen Restaurants beschäftigt werden. Eine Ausnahme bildeten nur Küchen, die man nicht öffentlich einsehen könne. Im Juli verbot die Teheraner Stadtverwaltung Berichten zufolge ihren Personalverantwortlichen, Frauen für Sekretariats- oder andere Verwaltungsaufgaben einzustellen. Die Behörden verstärkten ihre Bemühungen, nach Geschlechtern getrennte Arbeitsplätze einzurichten.

Ende 2014 war es Musikerinnen in 13 der 31 iranischen Provinzen verboten, auf einer Bühne aufzutreten. Im Juni wurden Frauen festgenommen, die vor dem Teheraner Azadi-Stadion friedlich einen gleichberechtigten Zugang für Frauen zu Sportstadien gefordert hatten.

Recht auf Privatsphäre

Alle sexuellen Handlungen zwischen unverheirateten Personen waren nach wie vor strafbar.

Die Behörden verfolgten 2014 weiterhin Menschen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität. Einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen gleichen Geschlechts waren nach dem überarbeiteten islamischen Strafgesetzbuch nach wie vor verboten. Die dafür vorgesehenen Strafen reichten von 100 Peitschenhieben bis zur Todesstrafe.

Die iranischen Behörden blockierten und verboten die Veröffentlichung jeglichen Materials, das sich mit Homosexualität oder mit sexuellen Handlungen außerhalb der heterosexuellen Ehe befasste. Dabei fand das Gesetz zur Internetkriminalität Anwendung, das "Verbrechen gegen die Keuschheit" und "sexuelle Perversion" unter Strafe stellt.

Personen, die nicht den Normen von Männlichkeit oder Weiblichkeit entsprachen, waren von Diskriminierung und Gewalt betroffen. Transgendern wurde die offizielle Anerkennung ihres Geschlechts verwehrt. Ihre Rechte auf Bildung und Arbeit konnten sie nur wahrnehmen, wenn sie sich Operationen zur Geschlechtsumwandlung unterzogen. Im Februar schloss der offizielle iranische Fußballverband sieben Fußballerinnen von einem Turnier aus mit der Begründung, ihr Geschlecht sei "nicht eindeutig".

Recht auf Bildung

Die Behörden schränkten erneut das Recht auf Bildung ein. Hunderte Menschen durften nicht an iranischen Universitäten studieren, weil sie friedlich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung oder anderen Menschenrechten Gebrauch gemacht hatten. Anhängern der Baha'i-Glaubensgemeinschaft wurde der Zugang zu höherer Bildung systematisch verweigert. Einige Personen mit Verbindungen zur Bildungseinrichtung Baha'i Institute for Higher Education, gegen das die Regierung 2011 vorgegangen war, sowie zahlreiche weitere Studierende und Akademiker saßen noch immer im Gefängnis. Der Wunsch des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Technologie, einigen ausgeschlossenen Studierenden und Lehrenden die Rückkehr an die Universitäten zu ermöglichen, führte zu keinen konkreten Maßnahmen. Konservative Kräfte im Parlament widersetzten sich jeglichen Bemühungen, den willkürlichen Ausschluss der Studierenden von höherer Bildung zu beenden.

Die Geschlechterquote, die eingeführt worden war, um den wachsenden Frauenanteil an den Hochschulen zu stoppen, blieb in Kraft, wurde im Studienjahr 2013/14 allerdings etwas gelockert. Die offizielle Politik zielte jedoch nach wie vor darauf ab, Frauen zu Hause zu halten, damit sie dort ihre "traditionelle" Rolle als Ehefrau und Mutter erfüllen sollten.

Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde weiterhin für zahlreiche Straftaten verhängt, darunter auch für vage definierte Vergehen wie "Feindschaft zu Gott". Die Zahl der Hinrichtungen war 2014 erneut sehr hoch. Einige Exekutionen fanden öffentlich statt.

Gerichte verhängten die Todesstrafe unter Berufung auf das überarbeitete islamische Strafgesetzbuch nicht nur für Straftaten, die im Völkerrecht deutlich unterhalb der Schwelle der "schwersten Verbrechen" liegen, sondern auch für Tatbestände wie "Beleidigung des Propheten des Islam", die überhaupt nicht als Verbrechen eingestuft werden dürften.

In vielen Fällen verhängten Gerichte Todesurteile nach Prozessen, die nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprachen. So wurden z.B. "Geständnisse", die unter Folter und Misshandlung erpresst worden waren, als Beweismittel gegen die Angeklagten zugelassen. Auch wurde Untersuchungshäftlingen häufig ein Rechtsbeistand verweigert.

In den Todeszellen saßen nach wie vor zahlreiche jugendliche Straftäter und Personen, die in den vergangenen Jahren wegen Verbrechen zum Tode verurteilt worden waren, die sie vor Vollendung ihres 18. Lebensjahres begangen hatten. Einige von ihnen wurden hingerichtet. Auch 2014 ergingen weitere Todesurteile gegen jugendliche Straftäter. Das überarbeitete islamische Strafgesetzbuch sieht für qesas (Vergeltung) und hodoud (Vergehen, für die im islamischen Recht eine bestimmte Strafe zwingend vorgeschrieben ist) die Hinrichtung jugendlicher Straftäter vor. Eine Ausnahme ist nur zulässig, wenn festgestellt wird, dass der Angeklagte das Ausmaß und die Folgen der Tat nicht begriffen hat oder Zweifel an seinen geistigen Fähigkeiten bestehen. Das Völkerrecht verbietet die Anwendung der Todesstrafe bei Personen, die zum Tatzeitpunkt das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Das überarbeitete islamische Strafgesetzbuch hält auch an der Todesstrafe durch Steinigung fest, die für "Ehebruch während der Ehe" verhängt wird. In Ghaemshahr in der Provinz Mazandaran wurde Berichten zufolge mindestens ein Steinigungsurteil verhängt. Es ging kein Bericht über eine vollstreckte Steinigung ein.

Associated documents