Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Bulgaria

Amtliche Bezeichnung: Republik Bulgarien
Staatsoberhaupt: Rossen Plewneliew (löste im Januar Georgi Parwanow im Amt ab)
Regierungschef: Bojko Borissow

Roma wurden auf Gebieten wie Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung und Wohnen unvermindert diskriminiert. Die Haftbedingungen blieben hinter internationalen Menschenrechtsstandards zurück. Homophobe Gewalt war nach wie vor verbreitet.

Diskriminierung von Roma

Im Januar 2012 äußerte sich der Unabhängige UN-Experte für Minderheiten besorgt darüber, dass Roma in zentralen Bereichen wie Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung und Wohnen unverändert am unteren Ende der soziökonomischen Leiter verblieben. Nach wie vor waren Roma kaum vor rechtswidrigen Zwangsräumungen geschützt.

  • Am 24. April entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Yordanova et al. gegen Bulgarien, dass die geplante Vertreibung einer Roma-Gemeinschaft von informell besetzten Grundstücken in Batalova Vodenica deren Rechte auf Privat- und Familienleben verletzen würde. Der Gerichtshof kritisierte Gesetze, die summarische willkürliche Vertreibungen zulassen.
  • Am 26. Juli stellte die Bürgermeisterin der Hauptstadt Sofia in einem Interview mit der Zeitung Standard in Bezug auf Roma-Siedlungen fest, dass "illegale Siedlungen abgerissen werden müssen und Leute aus anderen Landesteilen zurückgeschickt werden sollten, da sie hier keine Wohnungen haben oder in illegal errichteten Bauten leben". Die Bürgermeisterin erklärte Berichten zufolge, dass ähnliche Maßnahmen in den Stadtbezirken Ljulin und Wasraschdane ergriffen worden seien und
man diese Herangehensweise auch in Bezug auf andere Siedlungen in Sofia praktizieren werde.
  • Im November erließ der UN-Menschenrechtsausschuss im Fall Liliana Naidenova et al. gegen Bulgarien eine dauerhafte Verfügung, um die Zwangsräumung der Gemeinschaft von Dobri Jeliazkov zu verhindern. Die Gemeinschaft ist seit 70 Jahren in der Stadt beheimatet und war im Juli 2011 unmittelbar von der Vertreibung bedroht. Der Ausschuss wies die Behörden an, die Gemeinschaft nicht zu vertreiben, bevor eine Einigung über alternativen Wohnraum erzielt wurde.
  • Im Oktober entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Yotova gegen Bulgarien, dass Bulgarien die Rechte auf Leben und Diskriminierungsfreiheit einer Roma-Frau verletzt hatte. Die Behörden hatten es versäumt, eine effektive Untersuchung des 1999 an ihr verübten Mordversuchs vorzunehmen, durch den sie seither schwerbehindert ist. Die Behörden gingen außerdem nicht der Frage nach, ob das Verbrechen rassistisch und ethnisch motiviert war, obwohl man von ethnischen Spannungen im Herkunftsort der Klägerin, dem Dorf Aglen, Kenntnis hatte.

Folter und andere Misshandlungen

Im Dezember kritisierte der Europäische Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe die in Berichten beschriebenen Haftbedingungen und Misshandlungen in bulgarischen Strafanstalten.

  • Im Januar 2012 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Shahanov gegen Bulgarien, dass ein sieben Jahre lang in Warna inhaftierter Mann aufgrund mangelhafter sanitärer Einrichtungen unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt war.
  • Im Januar erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Stanev gegen Bulgarien, dass Bulgarien im Fall eines Mannes, der seit 2002 unter unmenschlichen Bedingungen in einer psychiatrischen Einrichtung leben musste, sechs Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt habe, darunter das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Verbot von Folter sowie unmenschlicher und erniedrigender Behandlung und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren.

Flüchtlinge und Asylsuchende

Asylsuchende waren beim Zugang zu internationalem Schutz nach wie vor mit Hindernissen konfrontiert.

  • Im Mai 2012 erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Bulgarien das Recht des iranischen Staatsbürgers Mohammad Madah auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt habe und bei einer Abschiebung in den Iran sein Recht auf Familienleben verletzen würde. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte fest, dass sein Ausweisungsbescheid von 2005 auf der in einem internen Dokument des Nationalen Sicherheitsdienstes enthaltenen Feststellung beruhte, Mohammad Madah handele mit Drogen, um eine terroristische Organisation zu finanzieren. Zudem wurde er in dem Dokument als nationales Sicherheitsrisiko bezeichnet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärte, der Antragsteller und seine Familie hätten nicht den Mindestschutz vor willkürlicher Abschiebung erhalten.
  • Am 11. September 2012 bewilligte das Berufungsgericht in Weliko Tarnowo die Auslieferung von Mukhad Gadamouri an die Russische Föderation, wo ihm Terrorismus, Waffenhandel und die Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppierung zur Last gelegt werden, obwohl ihm von einem anderen EU-Mitgliedstaat Flüchtlingsstatus gewährt worden war. Ende 2012 drohte Mukhad Gadamouri noch immer die Auslieferung. Er legte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Rechtsmittel ein, woraufhin dieser eine einstweilige Verfügung gegen seine Auslieferung erließ, bis über den Fall entschieden ist.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen

Homophobe Parolen in der Öffentlichkeit und Gewalttaten waren nach wie vor verbreitet. Die bulgarischen Gesetze sehen derzeit keine Strafen wegen Hassverbrechen vor, die aufgrund der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität verübt werden.

  • Am 30. Juni 2012 verlief die fünfte Sofia-Pride-Parade ohne Zwischenfälle, obwohl Gegner der Veranstaltung zu massiver Gewalt gegen Teilnehmer und Unterstützer aufgerufen hatten und sich die Bulgarische Orthodoxe Kirche und die Heilige Synode diskriminierend geäußert hatten. Die rechtsextreme Bulgarische Nationale Union hielt ein paar Stunden vor der Pride-Parade eine Gegendemonstration ab.
  • Vier Jahre nach dem Mord an Mihail Stoyanov im Borisowa-Park in Sofia und mehrere Monate nach Ende der Ermittlungen wurden im Dezember 2012 zwei Tatverdächtige angeklagt, den 25-jährigen Medizinstudenten ermordet zu haben. Dem Vernehmen nach gehörten sie zu einer Gruppe, die behauptete, sie würde den Park von schwulen Männern "säubern".

Amnesty International: Missionen und Bericht

Delegierte von Amnesty International besuchten Bulgarien
im März und im Juni.

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