Anfragebeantwortung zum Irak: Aktuelle Menschenrechtslage, insbesondere Rekrutierung durch Schia-Milizen [a-9763-1]

22. August 2016

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Das wöchentlich erscheinende amerikanische Nachrichtenmagazin Time schreibt in einem Artikel vom Jänner 2016 über das Verhältnis paramilitärischer schiitischer Gruppen zum irakischen Staat. Laut dem Artikel habe Premierminister Haidar al-Abadi den Dachverband dieser Gruppen, die sogenannten Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilisation Forces, PMF), zu einem offiziellen Arm des Staates erklärt und damit ihre Rolle im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) gewürdigt. Die drei größten dieser paramilitärischen schiitischen Gruppen seien die Badr-Organisation, Kataib Hezbollah und Asaib Ahl-al-Haqq. Die Badr-Organisation umfasse Berichten zufolge 10.000 Kämpfer und habe enge Beziehungen zu Teilen des irakischen Staates. Das irakische Innenministerium stünde derzeit unter der Leitung eines Mitglieds der Badr-Organisation. Kataib Hezbollah und ihr Anführer, bekannt unter dem Namen Abu Mahdi al-Mohandes, würden enge Beziehungen zum Iran und zu den iranischen Revolutionsgarden pflegen und über „zehntausende“ Rekruten zum Kampf gegen den IS verfügen. Asaib Ahl al-Haqq sei infolge der US-Besetzung als eine Splittergruppe der Kämpfer des schiitschen Klerikers Moqtada al-Sadr entstanden. Berichten zufolge erhalte die Gruppe Unterstützung von der iranischen al-Quds-Einheit:

„The armed groups - three of the largest of which are listed below - have a complex relationship with the Iraqi state. Prime Minister Haider al-Abadi declared the ’popular mobilization forces,’ an umbrella organization of armed groups, to be an official arm of the state in September in recognition of their role in the fight against ISIS. […]

The Badr Organization: Today the group is reported to command 10,000 fighters and also enjoys tight relations with elements of the Iraqi state. Iraq’s Interior Ministry is currently headed by a member of the Badr Organization. […]

Kataib Hezbollah: The U.S. State Department declared this secretive group a terrorist organization in 2009, blaming the group for attacks on U.S. forces. Its leader, known by the nom de guerre Abu Mahdi al-Mohandes, began working with the Iranian Revolutionary Guard Corps in Kuwait in the 1980s and later lived in exile in Iran. Returning to Iraq following the fall of Saddam Hussein, he was elected to parliament and today commands ’tens of thousands‘ of new recruits in the fight against ISIS.

Asaib Ahl al-Haq: Created following the U.S. occupation of Iraq, Asaib Ahl al-Haq was formed as a result of a split in forces loyal to the influential Shi‘ite cleric Moktada al-Sadr. The group is also reported to receive support from Iran’s Quds Force.” (Time Magazine, 20. Jänner 2016)

Zwangsrekrutierung

Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem im April 2016 veröffentlichten Bericht zur Menschenrechtslage 2015, dass es nach Angaben des UNO-Generalsekretärs in einem Bericht zu Kindern in bewaffneten Konflikten im Irak vom November 2015 keine Anweisungen an Kinder gebe, sich an den Kämpfen zu beteiligen, trotzdem würden Kinder weiterhin mit den Volksmobilisierungseinheiten (Popular Mobilisation Front, PMF) und anderen Milizen in allen Konfliktregionen in Verbindung gebracht. Beobachter der UNO hätten berichtet, dass Kinder Militäruniformen und Waffen getragen hätten, sowie an der Seite erwachsener Mitglieder bewaffneter Gruppen marschiert seien. Im Juli habe die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) berichtet, dass ihre Mitarbeiter Dutzende Trainingslager im ganzen Land gesehen hätten, in denen hunderte Schüler trainiert hätten, um den Volksmobilisierungseinheiten im Kamp gegen den Islamischen Staat (IS) beizutreten. Laut Beobachtern gebe es keine offizielle Ermunterung von Kindern, Milizen beizutreten, es passiere aber mitunter aufgrund des Zuspruches der Familie oder der Altersgenossen. Im März habe ein Informationsblatt der UNO zu Frauen im Irak von vermehrten Berichten über Entführungen, Menschenhandel und Zwangsrekrutierung in den Provinzen Ninewa, Nadschaf und Karbala berichtet:

„According to the report of the UN secretary-general on children and armed conflict in Iraq, released in November, while there was no instruction for children to join fighting, children continued to be associated with PMF [Popular Mobilisation Front ] and militias in all conflict areas. UN observers reported children wearing military uniforms and carrying weapons, as well as parading alongside adult members of armed groups. […]

On July 28, the Associated Press reported its staff witnessed dozens of camps around the country with hundreds of students training to join the PMF and fight Da’esh. A spokesperson for the Prime Minister’s Office responded that there were isolated incidents of underage fighters joining combat on their own but that the government did not condone children going to war. Observers noted there was no official encouragement for children to join militias, which occurred infrequently and generally due to family or peer encouragement.“ (USDOS, 13. April 2016, Section 1g)

„In March a UN Women in Iraq Factsheet reported that during the year sexual violence against women and children increased in Ninewa, Najaf, and Karbala governorates, where there were also increased reports of abductions, trafficking, and forced recruitment.“ (USDOS, 13. April 2016, Section 6)

Rekrutierung

The New Arab, ein 2014 in London gegründetes Medienunternehmen, berichtet in einem Artikel auf seiner Nachrichtenwebseite vom Februar 2016, dass in Bagdad und im Südirak Rekrutierungskampagnen für Kämpfer aufseiten von Präsident Al-Assad in Syrien durchgeführt worden seien. Laut Beobachtern würden diese Kampagnen, die vorher noch in kleinen Kreisen von lokalen Milizen durchgeführt worden seien, nun öffentlich stattfinden. Zu diesem Zweck seien Büros eingerichtet worden, darunter eines in Bagdads [vornehmlich von Schiiten bewohnten, Anm. ACCORD] Vorort Khadimiya. Hier würden Freiwillige über die Situation in Syrien und die Wichtigkeit, dort zu kämpfen, unterrichtet. Ähnliches würde sich Berichten zufolge in schiitischen Moscheen insbesondere in den Bagdader Slums, wie zum Beispiel Sadr City, abspielen. Die Rekrutierung würde als „Verteidigungsdschihad“ angepriesen, für den es als Pflicht angesehen werde, sich freiwillig zu melden. Tatsächlich sei der „Dschihad“ in Syrien ein Streitpunkt zwischen den schiitischen Gelehrten in Nadschaf im Irak und denen in Teheran und Qom im Iran. Während die meisten schiitischen Geistlichen von Nadschaf nur das Kämpfen im Irak und ausschließlich gegen die Gruppe Islamischer Staat als Pflicht betrachten würden, würden die Geistlichen im Iran auch den Kampf in Syrien als Pflicht für jeden schiitischen Muslim auslegen. Die Rekrutierung erfolge auch über soziale Medien. Iraker würden mit einem Sold von bis zu 1.500 US-Dollar im Monat dazu verleitet, in Syrien zusammen mit den Truppen des Assad-Regimes zu kämpfen. Eine Werbung auf Facebook habe angegeben, dass der Kampf in Syrien von führenden schiitischen Geistlichen genehmigt worden sei und Freiwillige sich bei den Imam-Ali-Brigaden melden sollten. Eine weitere Werbung enthalte ein Foto des Sayyida Zainab-Schreins in Syrien zusammen mit dem Slogan “sie wird kein zweites Mal versklavt werden”. Eine weitere Werbung, die von den Ali-Imam-Brigaden unterzeichnet worden sei, gebe an, dass 600 Mudschahedin-Kämpfer zur Verteidigung des Sayyida-Zainab-Schreins benötigt würden und verspreche einen Sold von 1.500 US-Dollar bei einer Einsatzperiode von 45 Tagen. Laut Angaben der irakischen Regierung würden diese Rekrutierungsbüros jeden Monat 300 bis 400 Kämpfer vor allem aus der Schicht der verarmten Jugendlichen der Slums anziehen. Die Pressestelle des Premierministers Haidar al-Abadi habe sich gegenüber The New Arab nicht zur Rekrutierung für Syrien äußern wollen. Ein hochrangiger Beamter des Innenministeriums in Bagdad habe jedoch erwähnt, dass die Regierung nichts gegen diese Rekrutierungskampagnen unternehmen könne, die unter dem Schutz des Obersten Religionsführers des Iran stehen würden. Seinen Angaben zufolge würden diese Büros junge Männer rekrutieren, die zwei bis drei Monate später als Leichen zurückkehren würden. Das Schweigen der Eltern würde mit Geld und mit Fatwas [religiösen Rechtsgutachten, Anm. ACCORD], in denen die Kinder zu Märtyrern erklärt würden, erkauft. Es gebe insgesamt im Irak elf solcher Rekrutierungsbüros für den Kampf in Syrien:

„Campaigns in Baghdad and southern Iraq to recruit fighters for the regime of Bashar al-Assad in neighbouring Syria are sparking concerns across the country. Observers say the recruitment drives, which were previously conducted in narrow circles by local militias, have now gone public at a curious time in the Syrian conflict. Offices have even been set up for the purpose, including one in an appliance department store in the Shusa district of Baghdad's Kadhimiya suburb. There, would-be volunteers are briefed on the situation in Syria and the importance of the fight there, as part of the so-called overlap on the Iraqi-Syrian fronts. Similar activities reportedly take place in Shia mosques especially in the slums of Baghdad, such as Sadr City. These recruitment drives are advertised as ‘Defensive Jihad‘, where volunteering is a duty, as opposed to offensive or ‘Conquest Jihad‘ in the ideology of the Shia Islamist recruiters. In truth, ‘jihad‘ in Syria is a subject of contention between senior Shia clerics in Najaf (Iraq), Tehran and Qom (Iran). While most clerics in Najaf believe fighting is a duty only in Iraq, and only against the Islamic State group, following a fatwa by leading Iraqi Shia cleric Ali al-Sistani, the clerics in Iran believe fighting in Syria is also a duty on every (Shia) Muslim. […]

The recruitment drives have also been conducted through social media. Iraqis are enticed to go to Syria to fight alongside Assad's forces in return for sums of up to $1,500 a month. In Iraq, where poverty and unemployment are rife, this sum can go a long way. Broad swathes of Iraqis have denounced the campaigns, with parents complaining they are unable to dissuade their sons because of the extremist sectarian discourse prevailing in the country. ‘Urgent and for a limited time only. Those wishing to fight in Syria against Takfiri groups [can receive a] salary of $1,500 a month. Fighting in Syria has been sanctioned by religious leaders and volunteers will join the Imam Ali Brigades,‘ reads one advertisement on Facebook. The advertisement included a picture of Qods Force commander Qassem Soleimani. In other advertisements, an image of the Sayeda Zainab shrine in Syria was included with the phrase ‘She will not be taken slave twice‘. ‘The Brothers of the Islamic Resistance in Syria, for the defence of Sayeda Zainab, requires 600 mujahidin... Benefits include a salary of $1,500, for a deployment period of 45 days,‘ read another advertisement, signed by the Imam Ali Brigades. A similar advertisement was posted on the page of the Counter-Terrorist Service of Iraq, but it was not clear whether the fighters were wanted for another militia or the agency itself, which is controlled by former Prime Minister Nouri al-Maliki. According to Iraqi government sources, the recruitment offices draw 300 to 400 fighters every month, mostly from the ranks of impoverished youths in the slums. The media office of Iraqi Prime Minister Haider al-Abadi declined to comment to The New Arab about recruitment for Assad. However, a senior official in the Interior Ministry in Baghdad said the government was powerless to do anything about these campaigns, which he said were under the protection of the Surpreme Leader of Iran. The official, who asked not to be named, said: ‘These offices recruit youths who often return as corpses two or three months later. Their parents' silence is bought off with cash and fatwas declaring their children martyrs in heaven,’ he added. The official said there were 11 offices across Iraq recruiting Iraqi fighters for Syria, and speculated that the growing drive could be the result of a greater need for additional fighters to bolster Assad's troops.” (The New Arab, 4. Februar 2016)

Carnegie Endowment for International Peace (CEIP), ein globales Netzwerk von Think Tanks zum Thema Politikforschung und Förderung des Friedens mit Hauptsitz in den USA, berichtet in einem Artikel vom Februar 2016, dass sich viele irakische Schiiten statt beim irakischen Militär paramilitärischen Einheiten unter dem Schirm der Volksverteidigungseinheiten (Popular Mobilization Forces, PMF) anschließen würden, die die größte Bodentruppe im Kampf gegen die Gruppe Islamischer Staat (IS) stellen würden. Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage habe ergeben, dass 99 Prozent der irakischen Schiiten die PMF beim Kampf gegen den IS unterstützen würden. Daher gebe es eine erhebliche Anzahl von Rekruten, die sich beeilen würden, sich den PMF anzuschließen. Laut Angaben mehrerer sachkundiger Quellen in Bagdad hätten sich mehr als 75 Prozent der in mehrheitlich schiitischen Provinzen lebenden Männer im Alter von 18 bis 30 Jahren bei den PMF gemeldet. Obwohl die meisten dieser Rekruten Reservisten seien, die nicht kämpfen würden, zeige diese Anzahl doch den Rückhalt der PMF in diesen Gebieten. Die hohe Anzahl von Rekruten würde normalerweise auf eine Form von Wehrpflicht hindeuten. Jedoch gebe es keine formale Pflichtrekrutierung. Die PMF würden sich stattdessen nach der Fatwa des religiösen Führers Ayatollah Sistani richten, die die Rekrutierung sehr vorsichtig auf so viele Rekruten beschränke, die notwendig seien, um den IS zu bekämpfen. Ein Rekrutierungsbeamter der PMF in Nadschaf habe indes angegeben, dass sich mehr als genug Rekruten gemeldet hätten. Sie hätten keine Probleme damit, Mitglieder unterschiedlichen sozialen Hintergrunds und aus verschiedenen geographischen Regionen zu gewinnen. Seinen Angaben nach seien Studenten die einzige erkennbare Gruppe, die nicht den PMF beitreten würde:

„Many of Iraq’s Shia are taking up arms to fight the self-proclaimed Islamic State. However, rather than enlisting with the Iraqi military via the Ministry of Defense (MOD), they are opting to join paramilitary groups under the umbrella of the Popular Mobilization Forces (PMF or al-Hashd al-Shaabi in Arabic), which has become the single largest ground force combating Islamic State fighters in Iraq. Despite Human Rights Watch’s accusation that some groups under the umbrella, such as the Badr Brigades, League of the Righteous (Asaib ahl al-Haq), and Imam Ali Battalions are carrying out widespread and systematic human rights violations, the PMF has maintained its popularity and legitimacy among the Shia base. A recently published poll showed that 99 percent of Iraqi Shia support the PMF in its fight against the Islamic State. As a consequence, the number of recruits rushing to enlist with the PMF is substantial. According to various claims from well-informed sources in Baghdad, more than 75 percent of men ages 18 to 30 residing in the Shia provinces have signed up. Although most of these recruits are reservists who will not fight, the mere volume is indicative of the PMF’s support in that region. The sheer extent of such numbers would typically indicate some form of conscription. However, there is no such formal mandatory recruitment in place. The PMF is merely guided by Ayatollah Sistani’s al-wajib al-kifai fatwa, which itself very carefully restricts recruitment to only as many as needed to combat the threat posed by the Islamic State. Yet, a PMF administrator in Najaf told the author that more than enough recruits have joined. They are having no trouble attracting members who come from a diverse set of social classes and geographic regions. According to him, the only distinguishable group that is not joining is university students.” (CEIP, 1. Februar 2016)

CEIP führt weiters an, dass es in Ermangelung einer offiziellen Wehrpflicht verschiedene Möglichkeiten der Rekrutierung für die PMF gebe. Dazu würden auch politische Parteien, bewaffnete Gruppen, das schiitische religiöse Establishment und einzelne Geistliche, sowie zunehmend auch Staatsbedienstete zählen. Die PMF könnten auch deshalb so leicht rekrutieren, da sie sich aus verschiedenen politischen Parteien und paramilitärische Gruppen zusammensetzen würden, die schon seit geraumer Zeit im Irak aktiv seien. Beispielsweise die Badr Organisation, eine der größeren unter dem Schirm der PMF agierenden Gruppen, sei in den frühen 80er Jahren gegründet worden und sei nach 2003 zu einer der stärksten Gruppen im Irak aufgestiegen. Während das Verteidigungsministerium nach dem Fall der Stadt Mosul 2014 Schwierigkeiten gehabt habe, hätten die PMF von ihrer politischen Partei und ihren paramilitärischen Organisationen profitiert, die bereits darauf angelegt gewesen seien, Freiwillige zu verpflichten. Parteimitglieder hätten sich sehr leicht registrieren können und Nichtmitglieder hätten durch eines der lokalen Büros ebenfalls leicht eine Gruppe gefunden, der sie hätten beitreten können. Laut anderen PMF-Funktionären sei die Rekrutierung auch deswegen so erfolgreich, da sie vom religiösen Establishment verwaltet werde. So profitiere man unter anderem von der Rolle der schiitischen Universität in Nadschaf (Hawza ‘ilmiyya) und besonders vom Amt des Religionsführers Sistani in Nadschaf, dessen Fatwa den PMF eine religiöse Legitimität gegeben habe. Die religiösen Führer der schiitischen Hawza würden die Rekrutierung durch Predigten, das Aufhängen von Bannern in den Straßen und durch die Organisation von Werbung in den Medien fördern. Die meisten Städte im Süden des Landes seien voll mit Postern, die die PMF feiern würden. Viele dieser Poster würden Bürger dazu auffordern, das Gebiet zu verteidigen:

„Without formal conscription, various avenues for PMF recruitment have emerged. These include existing political parties and armed groups, the Shia religious establishment and individual clerics, and increasingly, state officials. The PMF, formally established by Nouri al-Maliki in early 2014, is able to recruit with ease partly because it is made up of various political parties and armed paramilitaries that have been active in Iraq for some time. For example, the Badr Corps, which is one of the larger groups in the al-Hashd al-Shaabi, was formed in the early 1980s and became one of the strongest organizations in Iraq after 2003. A well-established base helped with the recruitment campaign, particularly after the fall of Mosul in June 2014, when Iraq’s was in shambles. While the MOD [Ministry of Defence] struggled to rebound, the PMF benefitted from its existing political party and paramilitary institutions that were already in place to enroll volunteers. Existing members of the parties were easily able to enlist and those who were not already members easily found a group to join via the various offices. In short, the political parties provided a quick channel for recruitment in all localities—a luxury that the waning Iraqi Ministry of Defense lacked. According to other PMF officials, the recruitment campaign is successful because it is administered by the religious establishment. One administrator claimed that the PMF benefitted from the role of the Najaf’s hawza 'ilmiyya, a Shia seminary, and particularly from Sistani’s office in Najaf. Sistani’s fatwa gave the PMF a religious legitimacy. Moreover, Shia religious scholars from the hawza are instrumental in recruitment, from issuing sermons, to posting banners on the streets, to organizing advertisements in the media. Most of the cities in the south are awash with posters celebrating the PMF. Many of these banners call for the citizens to defend the area and assert ‘with you we will win’. Recruitment videos also play on Shia expressions, such as ‘labbaik ya Husayn’ or ‘at your service oh Hussein’” (CEIP, 1. Februar 2016)

Die US-amerikanische Online-Zeitung International Business Times (IBT) mit Sitz in New York beschreibt den Online-Rekrutierungsprozess schiitischer Milizen in einem Artikel vom Dezember 2015. Laut einem Forscher schiitischer Milizen an der Universität Maryland hätten schiitische Milizen eine noch ausgereiftere Methode als der IS, Leute mithilfe von Onlinemedien zu informieren und zu mobilisieren. Im Gegensatz zu Webseiten des IS auf Twitter und Facebook würde niemand die Seiten von schiitischen Milizen blockieren. Jedoch hätten die vom Iran unterstützen Milizen bereits Monate vor dem Fall der Stadt Mossul im Juni 2014 im Irak mithilfe einfacher technischer Mittel, zum Beispiel durch das Aufhängen von Postern oder Rekrutierungsaufrufen im Fernsehen, ihre lokale Reichweite ausgenutzt. Ein Analyst des Institute for the Study of War habe erwähnt, dass irakische Schiiten sich nur in die nächste Moschee begeben und dort zu fragen müssten, ob sie sich einer bestimmten Miliz anschließen könnten. Obwohl Online-Rekrutierung wichtig sei, würde sie nicht so stark benötigt wie bei anderen Gruppen, die weniger offen mit ihren Rekrutierungsmaßnahmen umgehen könnten. Schiitische Milizen seien in der Lage, vom Iran unterstützte Fernsehsender nutzen, um ihre Reichweite auszudehnen. Im Juni 2015 beispielsweise hätte die Miliz Kata’ib Hisbollah ihre Kontaktinformationen zwecks Rekrutierung auf al-Etejah, einem pro-iranischen Fernsehkanal, ausgestrahlt. Einen Monat später habe sie einen Spendenaufruf mit Angabe einer Bankverbindung schalten lassen, der auch in Teilen als ein Videoclip auf Youtube veröffentlicht worden sei, um mehr Spenden von außerhalb des Irak lebenden Schiiten zu erhalten:

„‘They know how to get people into the mix, they know how to keep getting people information,‘ said Phillip Smyth, a University of Maryland researcher who studies Shiite militias in Iraq, Lebanon and Syria. 'I would actually make the argument that it’s more advanced than ISIS. They’ve got very good graphics ... and no one pulls it down,‘ he said, in a reference to the blocking of accounts related to the Islamic State group on Facebook and Twitter. But Iran-backed militias had already been recruiting in Iraq months before Mosul, the country’s second-biggest city, fell to the Islamic State group in June [2014] -- and they were doing so with decidedly low-tech means. Using posters and calls for recruits on Iraqi television stations, they were able to exploit their local reach to great effect. ‘For Iraqi Shia, they can just go the local Shia mosque ... and ask to join a certain militia in the fight against ISIS,‘ said the pseudonymous Sinan Adnan, an Iraq analyst at the Institute for the Study of War. ‘Although they do need to have online recruitment, I don’t think it is as robust or as needed as it is for other groups who cannot be as open about their recruitment apparatus.‘ Shiite militias can also use Iran-backed TV channels to widen their reach. In June, Kataib Hezbollah, aka Kata’ib Hizballah, a U.S.-designated foreign terrorist organization with direct ties to Iran, showed recruitment contact information on Al-Etejah TV, a pro-Iran channel. A month later, the same militia broadcast an appeal for donations complete with bank-account information, footage of which which was then cut and distributed as a YouTube clip to garner more donations from Shiites outside Iraq.“ (IBT, 3. Dezember 2015)

Sasa Post, die sich selbst als eine von jungen Leuten in 2014 gegründete Medienorganisation beschreibt, die mithilfe von freiwilligen Beiträgen die Meinungen der „arabischen Straße“ wiedergeben möchte, veröffentlicht auf ihrer Webseite im Februar 2015 einen Artikel zu den einzelnen schiitischen Milizen im Irak und ihren Einsatzgebieten. Dabei werden als größte Gruppen Failaq Badr (Badr-Miliz), Saraya al-Salaam (Der bewaffnete Arm der Sadr-Bewegung), Asa’ib Ahl al-Haqq, Kata’ib Hisbollah, Saraya al-Difac al-Shacabi, Liwa‘ Abi al-Fadl al-cabbas, und Al-Haschd Al-Schacabi (Volksmobilisierungseinheiten) erwähnt. Was die Rekrutierung anlangt, so berichtet der Artikel über Saraya al-Difac al-Shacabi, dass die Miliz einem ähnlichen Rekrutierungsmuster wie Kata’ib Hisbollah folge, die ihr Rekrutierungssystem im April 2014 eingeführt hätte. Saraya al-Difac al-Shacabi würde freiwillige Zivilisten aufnehmen, die sich der Miliz Kata’ib Hisbollah anschließen wollten, jedoch im Vergleich zu Mitgliedern von Kata’ib nur über wenig militärische Erfahrung oder Fähigkeiten verfügen würden. Generell würde die Miliz Saraya al-Difac al-Shacabi bei Operationen zur Verteidigung von Einrichtungen eingesetzt und hätte sich an Unterstützungsoperationen für die irakischen Militär- und Polizeikräfte beteiligt. (Sasa Post, 24. Februar 2015)

 

Informationen zur allgemeinen Menschenrechtslage im Irak finden Sie unter anderem in folgenden Berichten:

 

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2015 - Iraq, 13. April 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/322446/461923_de.html

·      AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Iraq, 24. Februar 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/319677/459032_de.html

 

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Quellen: (Zugriff auf alle Quellen am 22. August 2016)

·      AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Iraq, 24. Februar 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/319677/459032_de.html

·      CEIP – Carnegie Endowment for International Peace: The Popularity of the Hashd in Iraq, 1. Februar 2016
http://carnegieendowment.org/syriaincrisis/62638

·      IBT - International Business Times: World Iraqi Shiite Militias Fighting ISIS Are Using Social Media To Recruit Foreign Fighters, 3. Dezember 2015
http://www.ibtimes.com/iraqi-shiite-militias-fighting-isis-are-using-social-media-recruit-foreign-fighters-1844118

·      Sasa Post: Überblickskarte zu den im Irak kämpfenden schiitischen Milizen [kharitat al-milishiyat al-shiciya al-muqatila fi-l-ciraq], 24. Februar 2015
http://www.sasapost.com/iraq-shia-militia/

·      The New Arab: A fistful of Dollars: Iraqis recruited for Assad’s war, 4. Februar 2016
https://www.alaraby.co.uk/english/indepth/2016/2/4/a-fistful-of-dollars-iraqis-recruited-for-assads-war

·      Time Magazine: Shi‘ite Militias in Iraq Remain a Dangerously Potent Force, 20. Jänner 2016
http://time.com/4187322/iraq-baghdad-kidnap-shiite-militia/

·      USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2015 - Iraq, 13. April 2016 (verfügbar auf ecoi.net)
http://www.ecoi.net/local_link/322446/461923_de.html